Vierte Zinserhöhung in Folge: EZB kämpft gegen Inflation

Vierte Zinserhöhung in Folge: EZB kämpft gegen Inflation
Inflation im Euroraum bleibt auf hohem Niveau. Anleihenbestände sollen verringert werden. Weitere Zinserhöhungen geplant.

Die Euro-Währungshüter sehen sich im Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum auch nach der vierten Zinserhöhung in Folge noch nicht am Ende. Der EZB-Rat gehe "aufgrund der erheblich nach oben korrigierten Inflationsaussichten" davon aus, dass er die Leitzinsen im Währungsraum weiter erhöhen werde, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag mit. Die EZB hat die Zinsen um 0,5 Prozentpunkte angehoben, der Leitzins liegt nun bei 2,5 Prozent.

"Wir lassen nicht nach. Wir müssen eine längere Strecke gehen", betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in Frankfurt. Für einige Zeit seien nach aktueller Einschätzung weitere Zinserhöhungen um jeweils 0,5 Prozentpunkte zu erwarten. Zudem tritt die Notenbank bei ihren milliardenschweren Anleihenkäufen auf die Bremse.

Erhöhung geringer als erwartet

Die am Donnerstag beschlossene Erhöhung fiel allerdings wegen wachsender Sorgen um die Konjunktur etwas geringer aus als die beiden vorherigen Schritte. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der EZB leihen können, steigt auf 2,50 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit Dezember 2008. Der Einlagensatz, den Kreditinstitute für bei der EZB geparkte Gelder erhalten, erhöht sich auf 2,0 Prozent.   

Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremst und so hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Steigende Zinsen können aber zugleich die Wirtschaftsentwicklung im Währungsraum dämpfen, der seit Monaten mit den Folgen des Ukraine-Kriegs und einem massiven Anstieg der Energiepreise zu schaffen hat.

Weit entfernt vom Inflationsziel

Nach jüngsten Prognosen der EZB wird sich die Inflationsrate im Euroraum erst 2025 - und damit ein Jahr später als noch vor drei Monaten erwartet - in Richtung der Zielmarke der EZB bewegen. Die Notenbank strebt für den Euroraum mittelfristig stabile Preise bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an. Im November des laufenden Jahres lag die Teuerung im Währungsraum der 19 Länder bei 10 Prozent. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern.

Die EZB rechnet auf Jahressicht für heuer inzwischen mit 8,4 Prozent Inflation. 2023 werden die Verbraucherpreise nach Einschätzung der EZB noch um 6,3 Prozent über Vorjahresniveau liegen, 2024 wird eine Teuerungsrate von 3,4 Prozent erwartet. 

Das entschiedene Vorgehen der EZB sei "ohne Alternative", kommentierte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis: "Die Preissteigerungsraten pendeln sich auf sehr hohem Niveau ein, das darf so nicht weitergehen." Friedrich Heinemann vom ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung mahnte: "Diese Zinserhöhung sollte trotz der Sorgen um die Konjunktur nicht der letzte Schritt gewesen sein." Der Realzins - also der Zins abzüglich der Inflation - liege immer noch "klar im negativen Bereich".

Konjunkturaussichten bessern sich

Lagarde betonte die Entschlossenheit der Währungshüter: "Insbesondere sind wir der Meinung, dass die Zinssätze noch deutlich und stetig steigen müssen, um ein Niveau zu erreichen, das ausreichend restriktiv ist, um eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation zu unserem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent zu gewährleisten."

Die Aussichten für die Konjunktur sind nach Einschätzung der EZB nicht mehr ganz so düster wie zuletzt von vielen Volkswirten vorhergesagt. Zwar könnte die Wirtschaft im Euroraum im laufenden und im kommenden Quartal schrumpfen. Allerdings werde eine Rezession "relativ kurz und milde sein". Der EZB-Prognose zufolge wird die Euro-Wirtschaft 2023 um 0,5 Prozent wachsen - nach 3,4 Prozent Plus im laufenden Jahr.

Ein weiteres Signal der EZB in Richtung Inflationsbekämpfung: Von März 2023 an sollen die seit 2015 von den Euro-Notenbanken aufgekauften, milliardenschweren Bestände an Staats- und Unternehmensanleihen schrittweise verringert werden. Gelder aus auslaufenden Wertpapieren des Kaufprogramms APP werden dann nicht mehr in vollem Umfang in den Kauf neuer Anleihen gesteckt. Bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 sollen die Bestände monatlich im Durchschnitt um 15 Milliarden Euro verringert werden.

Nach längerem Zögern hatte der EZB-Rat bei seiner Sitzung am 21. Juli erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum wieder angehoben. Die Euro-Währungshüter hatten die hohe Inflation lange als vorübergehend interpretiert und leiteten den Kurswechsel erst später ein als etwa die US-Notenbank Fed. Die Fed hatte am Mittwoch den Leitzins in den USA um 0,5 Prozentpunkte in eine Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent nach oben gesetzt. Die britische Notenbank erhöhte ihren Leitzins am Donnerstag von 3,0 Prozent auf 3,5 Prozent.

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