„Europa muss China als Partner sehen“

Hannes Jarolim.
Der frühere Justizsprecher Hannes Jarolim ist mit dem asiatischen Land gut vernetzt.

Nach 24 Jahren Parlament kehrte der frühere SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zurück aus der Politik ins zivile Leben als Rechtsanwalt. Im KURIER-Gespräch sagt er über ...

...seinen Anwaltsberuf: Ich war auch während meiner Zeit in der Politik als Anwalt tätig, insofern war der Umstieg nicht ganz so schwer. Ich kann mich jetzt wieder voll meiner Kanzlei widmen. Aber ich denke immer wieder zurück an viele interessante Jahre in der Politik. Manchmal vermisse ich die Chance, Themen auf der politischen Bühne zu kommentieren. Aber ich bin zufrieden, habe mit dem Kapitel abgeschlossen und habe große Freude an der Arbeit in der Kanzlei.

...seine Kanzlei: Wir haben uns mit rund 25 Mitarbeitern in verschiedenen Bereichen des Wirtschaftsrechts spezialisiert, vor allem im Immobilien- und Unternehmensrecht, sind auch stark im Öffentlichen Recht vertreten. Mandate aus der Luftfahrt sind noch ein Überbleibsel aus meiner rund 15-jährigen Tätigkeit bei der AUA. Im Moment stellen wir die Weichen für die Zukunft, werden das Team vergrößern und neue Bereiche erschließen.

...seine Beziehungen zu China: (Lacht): Ja, ich habe unlängst im KURIER sogar gelesen, dass ich Aufsichtsrat der insolventen ATB in Spielberg gewesen wäre. War ein Irrtum, ich kenne das Unternehmen nur aus den Medien. Daher haben mich die Kommentare dazu schon etwas zum Schmunzeln gebracht. Aber ich habe tatsächlich einen Bezug zu China, bin seit 2004 Präsident der Österreichisch-Chinesischen Juristischen Gesellschaft. 2013 war ich bei der 1. Konferenz des China-Europe Legal Forums, einer Initiative zum besseren wechselseitigem Rechtsverständnis, als einer von fünf Eröffnungsrednern nach Beijing eingeladen. Für die Folgekonferenz konnten wir dann Wien als Standort gewinnen.

...China als Gefahr oder Chance: Ich sehe in US-Präsidenten Trump eine erhebliche Gefahr, er bringt mit unglaublichem Unwissen und maßloser Arroganz die westliche Welt und deren unbestrittene Wertelandschaft schwer unter Druck. Dass dies China auch wirtschaftlich in die Karten spielt, ist klar erkennbar. Europa muss sich auf die eigenen Füße stellen und China als Partner sehen. Das heißt ja nicht, dass das Üben von Kritik nicht möglich ist. Meinungsaustausch in aller respektvollen Offenheit kann global sicher mehr zum Guten beitragen als Duckmäuserei und empfundene Ohnmacht.

...den heimischen Standort: Österreich und vor allem Wien haben weltweit einen exzellenten Ruf. Das betrifft die Kultur ebenso wie Wissenschaft und Wirtschaft. Manchmal habe ich den Eindruck, wir selbst nehmen das nicht so wahr und machen uns viel kleiner als wir sind.

Kommentare