Eurozone: Ruhe vor dem nächsten Sturm?

OECD-Ökonomin Catherine L. Mann
OECD enttäuscht über Juncker-Plan. Ohne Investitionen droht Rückfall in Rezession.

Die Industriestaaten-Organisation OECD macht sich große Sorgen über den Zustand der Weltwirtschaft - und insbesondere der Eurozone. Die Reiche-Staaten-Denkfabrik mit Sitz in Paris hat am Donnerstag ihre Prognose für das globale Wachstum erneut gesenkt - die Erholung ist praktisch zum Stillstand gekommen: Für 2016 wird nur noch ein Plus von 3,0 Prozent erwartet, derselbe Wert wie im Vorjahr. Noch vor wenigen Monaten, im November, hatten die Ökonomen um 0,3 Prozentpunkte mehr Plus erwartet.

Billigzinsen allein zu wenig

Auch für Deutschland und die Eurozone sind die Experten weniger optimistisch als vor drei Monaten. Der Ausblick für Deutschland wurde besonders stark abgestuft. Im November hatte die OECD für heuer +1,8 Prozent erwartet, jetzt wird nur noch mit 1,3 Prozent gerechnet. Auch für 2017 haben sich die Prognosen verdüstert.

Der Ausblick für die Währungsunion bereitet Chefökonomin Catherine L. Mann besondere Sorgenfalten. Die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken, der niedrige Ölpreis und die extrem niedrigen Zinsen entfachen keine rechte Wirkung. Die Risiken für die Finanzstabilität seien hingegen gestiegen.

Schleppender Juncker-Plan

Ohne Investitionswachstum drohe der Eurozone überhaupt ein Rückfall in die Rezession, warnt Mann. Sie zeigte sich auch enttäuscht von der schleppenden Umsetzung des Juncker-Plans, der Investitionen ankurbeln sollte. Über drei Jahre Jahre sollte dieser eigentlich rund 2,3 Prozent der EEU-Wirtschaftsleistung mobilisieren. Mit Stand Ende Jänner 2016 seien aber nur Projekte im Umfang von etwa 0,4 Prozent anerkannt.

Die OECD hat auch Szenarien nachgerechnet, falls nur ein Fünftel der Unsicherheiten im Finanzsektor zurückkehren sollten, die den Euroraum 2011 gebeutelt hatten. Die Folgen wären katastrophal. Zusammen mit der Investitionsschwäche würde die Wirtschaftsleistung des Euroraums um 1,2 Prozent schrumpfen.

Notfalls mehr Schulden

Die OECD fordert mehr öffentliche Investitionen, notfalls auch zulasten höherer Schulden: „Die Regierungen in vielen Ländern sind derzeit in der Lage, sich für lange Zeiträume zu sehr niedrigen Zinsen Geld zu leihen, was im Endeffekt den fiskalischen Spielraum erhöht“, sagt Catherine Mann. Viele Länder hätten Spielraum, um ihre Verschuldung zu erhöhen und so die Nachfrage zu stärken. Ergänzend empfiehlt die OECD wirtschaftliche Strukturreformen auf der Angebotsseite.

Die Wachstumsprognosen der OECD im Überblick:

Land/Region 2016

Veränd. zu

Prognose von

Nov. 2015 (in %)

2017

Veränd. zu

Prognose von

Nov. 2015 (in %)

Welt 3,0 (-0,3) 3,3 (-0,3)
USA 2,0 (-0,5) 2,2 (-0,2)
Euroraum 1,4 (-0,4) 1,7 (-0,2)
Deutschland 1,3 (-0,5) 1,7 (-0,3)
Frankreich 1,2 (-0,1) 1,5 (-0,1)
Italien 1,0 (-0,4) 1,4 (0,0)
Japan 0,8 (-0,2) 0,6 (+0,1)
Großbritannien 2,1 (-0,3) 2,0 (-0,3)
China 6,5 (0,0) 6,2 (0,0)
Brasilien -4,0 (-2,8) 0,0 (-1,8)

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