Eurozone bleibt in der Rezession

Österreich zeigt sich halbwegs robust. Zentralbank lässt Leitzinsen unverändert.

Die Wirtschaft in der Eurozone schrumpft weiter. Das geht aus der jüngsten Erhebung des EU-Statistikamts Eurostat hervor. Demnach sank das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal, und zwar um 0,1 Prozent zum Vorquartal bzw. 0,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Ab zwei Minus-Quartalen in Folge spricht man von einer Rezession. Österreich verzeichnete zwar zum Vorquartal auch ein Minus von 0,1 Prozent, zum Vorjahr aber ein Plus von 0,4 Prozent.

Österreich gehört damit zu den Spitzenreitern“, sagt Martin Bruckner, Vorstand der Allianz Investmentbank. Die Leistungsbilanz sei nahezu ausgeglichen und die Arbeitslosigkeit am niedrigsten in der EU. Die Oesterreichische Notenbank dürfte die Prognosen für 2013 jedoch stark zurückfahren. Und auch in der heimischen Industrie sinkt angesichts der schwächelnden Hauptexportmärkte in Europa die Zuversicht. Die Auftragseingänge sind rückläufig, geht aus der jüngsten Konjunktur-Einschätzung der Wirtschaftskammer hervor. „Trotz dieser trüben Aussichten planen die Betriebe, die Zahl der Mitarbeiter stabil zu halten“, sagt Manfred Engelmann, Geschäftsführer der Sparte Industrie.

Im ersten Halbjahr 2012 gab es beim Personal (ohne Leiharbeiter) sogar ein leichtes Plus von 1,4 Prozent. Aber auch beim Leihpersonal blieb der Rückgang gering. „Die Unternehmen versuchen, qualifizierte Kräfte zu halten“, so Engelmann.

Aussichten

Michael Heise, Chefvolkswirt des deutschen Allianz-Konzerns, sieht zwar ebenfalls keine durchgreifende Belebung der Wirtschaft in Europa. Aber: „Die Rezession wird sich nicht mit unverminderter Härte fortsetzen.“ Grund sei die starke deutsche Wirtschaft. Um nachhaltig Wachstum zu generieren, müsse Europa die Schuldenkrise in den Griff bekommen. Die Initiativen in den vergangenen Wochen würden zumindest Anlass zur Hoffnung geben. Die Europäische Zentralbank kürzte ihre Wachstumsprognose ebenfalls kräftig; 2013 wird die Wirtschaftsleistung der Eurozone 0,3 Prozent sinken. „Die wirtschaftliche Schwäche wird anhalten, eine graduelle Besserung ist erst im Jahresverlauf in Sicht“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. 2014 werde es wieder Wachstum geben. Der Leitzins blieb unverändert bei 0,75 Prozent.

Der permanente Euro-Rettungsfonds ESM darf Dinge tun, die sein Vorgänger EFSF nicht durfte. So darf er alte und neue Staatsanleihen aufkaufen und angeschlagenen Banken mit Kapital aushelfen. Für Letzteres fehlt allerdings noch eine wesentliche Voraussetzung: Direkte Hilfe für Banken kann es nur geben, wenn die Institute unter der Kontrolle einer zentralen europäischen Bankenaufsicht sind. Diese Aufsicht, die bei der EZB angesiedelt ist, wird allerdings erst im Lauf des nächsten Jahres aufgebaut.

Bis dahin muss der ESM anders vorgehen, wenn Banken Hilfe brauchen. Wie diesen Mittwoch, beim allerersten Rettungseinsatz des ESM. 39,5 Milliarden Euro des ESM gingen – in Form von Wertpapieren – an die spanische Regierung. Diese wiederum reicht die Papiere an den spanischen Bankenrettungsfonds FROB weiter, der dafür sorgt, dass kriselnde Banken mehr Eigenkapital bekommen. Dieser Kreislauf ist zwar bis zur Etablierung einer europäischen Bankenaufsicht zwar nötig, hat für den betreffenden Staat aber einen gravierenden Nachteil. „Da die Bankenhilfe an die Regierung ausgezahlt wird, erhöht sie die Staatsschuld“, erklärte ESM-Finanzchef Christophe Frankel am Donnerstag bei einem Vortrag in Wien.

Offen ist, welche Rolle der ESM spielen wird, wenn er dann Banken direkt mit Kapital versorgen kann. Möglich wäre, dass der Rettungsfonds für seine Hilfen Bankanteile erhält und Mitaktionär wird.

Die Sicherungsnetze für den Euro sind mehr oder weniger reißfest gespannt. Auf ein neues EU-Budget wird man sich noch einigen. Das gelang immer erst im letzten Moment. Im Inland belegen Studien und Umfragen Wohlstand und Lebensqualität; Weihnachten steht vor der Tür. Doch statt allgemeiner Zufriedenheit erleben wir eine lähmende Ruhe vor dem Sturm.

Schwere Gewitterwolken am Konjunkturhimmel lösen Zukunftsängste bei Menschen und Betrieben aus. Während Europa schon in der Rezession steckt und auch die Wirtschaft in starken Ländern wie den Niederlanden oder Finnland schrumpft, hat man diese Gefahr hierzulande bisher als böses Märchen abgetan. Nun folgt das böse Erwachen.

Für eine hoch entwickelte Volkswirtschaft samt einem auf Vollbeschäftigung abgestellten Sozialstaat ist jedes einzelne Quartal mit schrumpfender Wirtschaftsleistung eine mittlere Katastrophe. Das mögen sich auch jene vor Augen führen, die ständig nach neuen Sparanstrengungen Athens rufen. Die griechische Wirtschaft schrumpft aktuell um sieben Prozent und die Jugendarbeitslosigkeit beträgt unvorstellbare 56,4 Prozent.
Wer erinnert sich noch, dass Europa dereinst zur wettbewerbsfähigsten Region der Welt aufsteigen wollte? Heute liegen die Hoffnungsmärkte in
Brasilien, China und Russland. Europa wurde abgeschrieben. Am meisten von sich selbst.

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