Wie weit es heuer mit den Zinsen noch hinauf gehen wird, sind sich Expertinnen und Experten uneins. Europa-Chefökonom George Buckley vom Investmenthaus Nomura erwartet einen erneuten großen Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten im Dezember. Die Volkswirte der US-Bank Morgan Stanley rechnen wiederum mit nur 0,50 Prozentpunkten. Und: „Danach nimmt aus unserer Sicht die Geschwindigkeit der Zinserhöhungen ab, wobei die EZB ihren Erhöhungszyklus im März 2023 bei 2,5 Prozent beendet.“
Fed als Vorreiter
Viel deutlicher und früher als die EZB hat die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen angehoben. Sie liegen dort aktuell in einer Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent. Auch hier wird für Anfang November ein weiterer deutlicher Zinsschritt erwartet. Mit den Zinsanhebungen sind die beiden Notenbanken nicht allein – die polnische Notenbank etwa hat den Leitzins bis auf 6,75 Prozent angehoben, sich dann aber gegen weitere Erhöhungen entschieden.
Wirklich deutlich spürbar haben die Zinserhöhungen bei den Sparzinsen in Österreich noch nicht durchgeschlagen. Bei den täglich fälligen Einlagen sowieso nicht: 0,02 bis 0,125 Prozent gibt es hier, wie ein Rundruf des KURIER bei den wichtigsten Banken ergab.
Appelle
Mit entsprechender Bindung bzw. bei entsprechenden Sparprodukten können es dann doch verhältnismäßig deutlich höhere Zinsen werden, allerdings ist das bei einer Inflationsrate von zuletzt rund 10 Prozent in puncto Kaufkrafterhalt nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der Tenor unter den Banken auf Anfrage des KURIER: Selbst wenn es zu weiteren Zinserhöhungen auf Sparprodukte kommt, das Geld verliert trotzdem an Wert, wenn es am (Online-)Sparbuch liegt. Sie werden daher nicht müde an die Menschen zu appellieren, sich zum Thema Geldanlage beraten zu lassen.
Der Weltspartag am 31. Oktober bzw. die Weltspartage, die Banken anlässlich dieses Tages abhalten, hat Erste Bank, HYPO NOE und Raiffeisen Landesbank Oberösterreich dazu veranlasst, jeweils Studien zum Sparverhalten der Österreicherinnen und Österreicher in Auftrag zu geben.
Schwieriges Sparen
Das Ergebnis durchwegs: Die Befragten würden gern mehr zur Seite legen, vielen ist das aber nicht möglich. „Die Inflation und damit insbesondere die Preise für Energie sowie andere Dinge des täglichen Bedarfs sind innerhalb kurzer Zeit auf ein extrem hohes Niveau geklettert. Für viele Sparerinnen und Sparer ist es deshalb umso schwieriger und herausfordernder, finanziell für die Zukunft vorzusorgen“, sagt RLB OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller.
Das lässt sich ganz direkt in Zahlen messen: Das Sparvolumen der Raiffeisenbankengruppe OÖ etwa liegt aktuell bei 16,13 Milliarden Euro, das ist ein leichter Rückgang von 0,2 Prozent gegenüber dem Jahresende 2021.
Auch eine Auswertung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) hat ergeben, dass das private Geldvermögen der Österreicherinnen und Österreicher heuer erstmals gesunken ist. Das Geldvermögen des heimischen Haushaltssektors lag demnach am Ende des ersten Halbjahres 2022 mit 799 Milliarden Euro um 3,4 Prozent unter jenem am Jahresende 2021.
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