"Eine Klatsche": Wegweisendes Urteil gegen deutsche Maut-Pläne

Symbolbild
Abgabe ist diskriminierend, da Last ausschließlich auf Fahrern anderer Mitgliedstaaten liegt. Für Verkehrsminister Reichhardt ist Urteil "Signal in Richtung Fairness".

Die deutsche Pkw-Maut - die Vignette für die Benutzung von Bundesfernstraßen durch Pkw - verstößt gegen EU-Recht. Dies entschied der EuGH am Dienstag in einem Urteil. "Diese Abgabe ist diskriminierend, da ihre wirtschaftliche Last praktisch ausschließlich auf den Haltern und Fahrern von in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeugen liegt", stellten die EU-Richter fest. Damit war Österreich mit seiner Klage erfolgreich.

Deutsche Autobahnmaut gekippt

"Eindeutige Bevorzugung deutscher Fahrer"

Für Österreichs Verkehrsminister Andreas Reichhardt sei das Urteil ein "für Europa deutliches Signal in Richtung Fairness", sagte er Dienstagvormittag in einer Pressekonferenz. Die EU-Richter hätten eine eindeutige Bevorzugung deutscher Pkw-Fahrer festgestellt. Damit seien alle Kritikpunkte Österreichs berechtigt gewesen. 

Die Entscheidung in Luxemburg bedeutet auch einen Rückschlag für die bayerische CSU. Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte das Projekt mit dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer seit 2014 vorangetrieben und Widerstand auch schon mal als „Maut-Maulerei“ aus Österreich abgetan. Mit Andreas Scheuer stellt die CSU auch den amtierenden deutschen Verkehrsminister.

Reaktionen: "Klatsche" und "Quatsch-Maut"

In Deutschland sorgt das Urteil indes für politische Reaktionen. "Diese CSU-Maut hätte Ausländer diskriminiert und wäre nebenbei noch ein fettes Minusgeschäft. Das Urteil ist eine Klatsche für die Bundesregierung", sagte etwa Anton Hofreiter, Chef der Grünen-Bundestagsfraktion. Nun solle der zuständige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) "endlich das Projekt Quatsch-Maut beerdigen und sich ernsthaft um eine vernünftige Verkehrspolitik kümmern".

FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete das Urteil gegenüber der Funke-Mediengruppe als "eine Niederlage für die CSU, aber ein Gewinn für Europa und die deutschen Steuerzahler". 

Auch deutsche Medien gehen mit der CSU hart ins Gericht. So schreibt etwa die Süddeutsche Zeitung, dass es der Partei allein darum gegangen sei, "aus dem Ärger deutscher Autofahrer politisches Kapital zu schlagen". Die CSU habe das Maut-Projekt stur vorangetrieben, obwohl sie gewusst habe, dass es juristisch und finanziell fragwürdig sei. 

Die Frankfurter Allgemeine bezeichnet das Urteil als "peinlich" für Deutschland. Die vorhergesehene Regelung sei "zu plump" gewesen, um glaubwürdig zu sein.

Unterstützung durch Niederlande

Österreich erhob vor dem EuGH in Luxemburg 2017 eine Vertragsverletzungsklage, weil es die Regelung aufgrund der Entlastung deutscher Fahrzeughalter für diskriminierend hielt. In dem Verfahren wurde Österreich von den Niederlanden unterstützt, Deutschland hingegen von Dänemark. Österreich hatte beim EuGH geklagt, nachdem sich die EU-Kommission nicht gegen die deutsche Pkw-Maut geäußert hatte.

Deutschland wollte die Maut ab Oktober 2020 einheben. Alle Besitzer von in Deutschland zugelassenen Autos hätten dann eine Jahresmaut zahlen müssen. Die Infrastrukturabgabe, wie die Maut offiziell heißt, wäre für die Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen erhoben worden. Die Preise wären von der Größe des Motors und der Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs abhängig gewesen. Maximal hätten 130 Euro fällig werden sollen. Deutsche Autofahrer sollten aber zugleich bei der Kfz-Steuer entlastet werden.

Georg Kapsch zur Mautaufhebung

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