Aus für Pkw-Maut ärgert Kapsch: "Erfolg für Österreich ist null"

IV: Pressegespräch zum Thema Industrie 4.0
Die Klage sei "völliger Unsinn" gewesen, sagt Georg Kapsch. Den Schaden habe Österreichs Mautindustrie zu tragen.

Das Aus für die deutsche Pkw-Maut, das der EuGH in Luxemburg am Dienstag ausgesprochen hat, ist nicht für alle Österreicher eine gute Meldung. Der börsennotierte österreichische Mautsystemanbieter Kapsch TrafficCom hatte nämlich gemeinsam in einem 50-50-Joint-Venture mit der oeticket-Mutter CTS Eventim Ende 2018 den Zuschlag für die Einhebung erhalten.

Deutsche Autobahnmaut gekippt

Es wäre ein Megaprojekt geworden: In Summe sollte sich der Auftrag auf ein Volumen von rund 1,6 Mrd. Euro belaufen. Das Maut-Projekt wäre über 10 bis 15 Jahre gelaufen. Die Aktie reagierte sofort und verlor am frühen Dienstagvormittag fast 4 Prozent an Wert.

Kein Verlust, aber ergebnisrelevant

Überrascht über das Urteil und zugleich sichtlich verärgert zeigte sich darüber Kapsch-TrafficCom-Chef Georg Kapsch. Und zwar störte sich der Chef der Industriellenvereinigung an Österreichs Entscheidung, gegen die deutschen Mautpläne gerichtlich vorzugehen.

Es sei "völliger Unsinn" gewesen, eine Klage einzubringen: "Der Erfolg für Österreich selbst ist null. Was bringt uns das, wenn sie (die Deutschen, Anm.) das nicht machen dürfen?" Für Kapsch sei das ein "reiner Partout-Standpunkt" gewesen, der der österreichischen Mautindustrie schade.

Über die Auswirkungen für das Unternehmen könne er noch gar nichts sagen, betonte Kapsch bei der Bilanz-Pressekonferenz am Dienstag. Erst müsse man sich das Urteil ansehen, ob sich darin Auflagen oder grundsätzliche Aussagen über die Pkw-Maut finden. "Wir haben aber in unseren Verträgen gewisse vertragliche Schutzbestimmungen drinnen." Es müsse niemand annehmen, dass man auf jeden Fall einen Verlust einfahren werde.

Georg Kapsch zur Mautaufhebung

"Wir schauen uns das Urteil jetzt sehr genau an", sagte Kapsch auf Nachfrage von Journalisten. "Ob es zu einem Projektstopp kommt, hängt vom Kunden ab." 

Ein allfälliges Aus für den Auftrag würde zwar zu keinem Verlust führen, ergebnisrelevant wäre es aber sehr wohl. Die Rentabilität würde leiden, die Ebit-Marge (Vorsteuergewinn) würde von rund 10 Prozent in einen Bereich von 7 bis 8 Prozent sinken, so Kapsch.

Georg Kapsch zur Mautaufhebung

Starke Zahlen 2018

Die Nachricht überdeckte die Bekanntgabe der Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr, die an sich gute Zahlen zu vermelden hatte. Kapsch TrafficCom hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 deutlich mehr verdient und den Umsatz gesteigert.

"Wir konnten das vierte Jahr in Folge den Umsatz steigern und 2018/19 erstmals die Schwelle von 700 Millionen Euro überschreiten", sagte Kapsch-TrafficCom-Chef Georg Kapsch zur Jahresbilanz.  "Gleichzeitig verbesserten wir auch das EBIT im Vergleich zum Vorjahr. Die zahlreichen neuen Projekte aus dem Wirtschaftsjahr 2018/19 geben uns für die nächsten Jahre Stabilität und bilden die Basis für weiteres Wachstum."

Aktionäre erhalten gleich viel

Die Dividende soll unverändert 1,50 Euro je Aktie betragen. Der Periodengewinn stieg um zwei Drittel auf 46,6 Mio. Euro, der Umsatz um 6,4 Prozent auf 737,8 Mio. Euro, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

Das operative Ergebnis (Ebit) erhöhte sich um 13,9 Prozent auf 57,0 Mio. Euro. Die heute veröffentlichten endgültigen Zahlen für Umsatz und Ebit entsprechen den Mitte Mai nach oben revidierten Erwartungen.

Mautsegment gut

Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde das Wachstum der Gruppe laut Mitteilung von beiden Konzernsegmenten getragen. Im vierten Quartal sei der Rekordumsatz des vorangegangenen Quartals übertroffen worden. Dafür seien vor allem höhere Errichtungsumsätze im Mautsegment (ETC) und gesteigerte Betriebsumsätze im Segment IMS (Intelligent Mobility Solutions) verantwortlich.

Im laufenden Geschäftsjahr 2019/20 plane Kapsch TrafficCom den Umsatz um mindestens 5 Prozent zu steigern, teilte das Unternehmen im Vorfeld der heutigen Bilanzpressekonferenz weiter mit. Das solle gelingen, obwohl damit zu rechnen sei, dass einige umsatzstarke Projekte auslaufen werden und das Projekt in Polen einen deutlich niedrigeren Umsatzbeitrag leisten werde.

Wachstum in USA geplant

Der wichtigste Wachstumsmarkt in den nächsten Jahren sei Nordamerika (USA und Kanada), wo gute zweistellige Wachstumsraten möglich sein sollten - ausgehend von rund 200 Mio. Euro 2018/19. Das Ebit sollte im laufenden Jahr ebenfalls um mindestens 5 Prozent zulegen.

Der Verlauf des Wirtschaftsjahres 2019/20 werde voraussichtlich ähnlich sein wie im vorangegangenen Jahr: Auf ein schwächeres erstes Halbjahr werde voraussichtlich ein starkes zweites Halbjahr folgen. Der Brexit sollte keinen nennenswerten Einfluss auf die Ergebnisse haben, der dortige Umsatz bewege sich im einstelligen Millionenbereich.

Kommentare