EU drängt auf Finanzsteuer

EU drängt auf Finanzsteuer
Die Europäer müssen diese Woche auf dem G-20-Gipfel ihren Kampf gegen die Eurokrise den übrigen Weltwirtschaftsmächten erklären

Die Euro-Krisengipfel sind vorerst einmal geschlagen - nun müssen die Europäer die Ergebnisse den Staats- und Regierungschefs der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer präsentieren. Frankreich, das derzeit den G-20-Vorsitz hat, lädt zum Gipfeltreffen am 3. und 4. November nach Cannes.

Zwei Themen stehen für die Europäer im Zentrum: Einerseits werben die Vertreter der Eurozone intensiv bei möglichen Geldgebern von China bis Indien - auch wenn die EU beim G-20-Gipfel offiziell nicht um Geld für den Euro-Rettungsschirm EFSF bitten will.
China ziert sich vorerst noch mit Zusagen. Zwei andere G-20-Länder zeigen sich im Vorfeld bereit, sich am Euro-Rettungsschirm EFSF zu beteiligen: Russland und Japan wollen Anleihen des EFSF kaufen.

Darüber hinaus werden die Europäer beim G-20-Gipfel ein weiteres Thema ansprechen: Die weltweite Einführung einer Finanztransaktionssteuer.
Bereits am Wochenende riefen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy alle G-20-Staats- und Regierungschefs in einem offenen Brief dazu auf, die Finanztransaktionssteuer einzuführen. Diese Idee solle auf G-20-Ebene "sondiert und weiterentwickelt" werden.

Vorstoß

EU drängt auf Finanzsteuer

Dabei will es der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble aber nicht bewenden lassen: Im Interview mit der Financial Times fordert er die Einführung der Finanztransaktionssteuer notfalls auch im Alleingang. Schäubles Botschaft an die G-20: "Wenn wir dort keine Einigung erzielen, bin ich dafür, in Europa anzufangen."
Nicht genug damit, warnt Schäuble die Briten: Wenn Großbritannien ein Abkommen über eine solche Steuer auf Ebene der 27 EU-Staaten blockiert, sollen die 17 Länder der Eurozone die Steuer im Alleingang einführen.

Hintergrund ist der europakritische Kurs der britischen Regierung. Premier David Cameron lehnt die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU strikt ab. Er will ihr nur dann zustimmen, wenn sie weltweit eingeführt wird - was sehr unwahrscheinlich ist.

Dagegen sind Deutschland und Österreich große Befürworter dieser Steuer. Sie setzten sich in Brüssel mit dieser Idee durch: Die EU-Kommission schlug zu Herbstbeginn die Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer schon ab 1. Jänner 2014 vor.

Der Handel mit Anteilen und Anleihen soll mit einem Steuersatz von 0,1 Prozent, Derivate sollen mit 0,01 Prozent besteuert werden. Brüssel schätzt die Einnahmen auf rund 58 Milliarden Euro. Die Hälfte soll in das EU-Budget fließen, die andere in die Haushalte der Mitgliedsstaaten. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann rechnet mit Mehreinnahmen für Österreich bis zu einer Milliarde Euro.

Finanzsteuer: Maßnahme gegen Krise
Tobin-Tax
Die Idee einer Finanztransaktionssteuer geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück. Er brachte 1972 eine Steuer auf alle grenzüberschreitenden Devisenspekulationen ins Spiel. Er schlug damals eine Abgabe von einem Prozent vor.

Einnahmen
Auf EU-Ebene wird derzeit ein Steuersatz von 0,1 Prozent bei Aktien und Anleihen beziehungsweise 0,01 Prozent bei Derivaten diskutiert. Dies würde laut Berechnungen der EU-Kommission jährlich rund 58 Milliarden Euro bringen.

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