ETF - der neue Magnet für Anleger

Indexfonds erleben gewaltigen Zulauf und machen Investmentfonds zunehmend Konkurrenz.

Wer hatte das gedacht? Nach Jahren, in denen Kleinanlegern Investmentfonds als das Non-plus-Ultra für eine breit gestreute Geldanlage angedient wurden, drängt sich ein neues Produkt als "das Beste für die Anleger" hervor: Die Exchange Traded Funds (ETF).

Sie sind im Prinzip ähnlich wie Investmentfonds, weil sie eine große Zahl unterschiedlicher Anleihen oder Aktien wie ein Fonds bündeln, an denen Anleger Anteile erwerben können. Der Vorteil gegenüber Investmentfonds: ETF werden an Börsen gehandelt und sind viel billiger als die Fonds.

"Es findet ein gewaltiger Umbruch im internationalen Anleger-Markt für Anleihen statt", sagt Brett Olson, Leiter für Anleihen-ETF in der Region, Europa, Naher Osten und Afrika beim US-Vermögensverwalter Black Rock, im Gespräch mit dem KURIER. "Der Zulauf zu Anleihe-ETF ist gewaltig", betont er. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres ist das Gesamtvolumen, das in Bond-ETF weltweit investiert ist – und Bonds sind der Großteil aller ETF – um 100 Milliarden Dollar (89 Milliarden Euro) auf fast 700 Milliarden Dollar gewachsen.

Warum ETF?

Es gibt zwei Gründe, warum Investoren neuerdings ETF bevorzugen: Sie können jederzeit verkauft und gekauft werden, sie sind also liquide und sie sind billig. "Nach der Finanzkrise haben viele Anleihe-Inhaber die Erfahrung gemacht, dass sie ihre Bonds nicht verkaufen können, weil Einzel-Anleihen oftmals sehr illiquide sind", erklärt Olson.Tatsächlich hat der erste Aufschwung des ETF-Marktes kurz nach 2008 begonnen, wenn auch die ersten solchen Produkte schon 2002 auf den Markt kamen. Steil bergauf ging es mit dem Bond-ETF-Markt dann ab 2012. "Die strenge Regulierung der Banken nach der Krise hat einiges zum Umbruch am Markt für Anleihe-Investoren beigetragen", unterstreicht Olson. Banken tun sich schwerer als früher, Eigenbestände an Anleihen zu halten und dem Markt auf diese Weise Liquidität zur Verfügung zu stellen.

Das Kosten-Argument ist der zweite wichtige Grund für die Anleger. Die Gebühren für ETF liegen bei etwa einem Drittel von jenen bei Investmentfonds. "In Zeiten extrem niedriger Zinsen sind die Gebühren ein wichtiger Kaufanreiz", sagt Olson.

Lust am Risiko

Nach den französischen Wahlen seien die Anleger wieder risikofreudiger geworden, meint der BlackRock-ETF-Experte. Gekauft würden nun mehr "High Yield"-US-Anleihen und Bonds von emerging markets. Diese ETF brächten auch gute Renditen. Schon 2016 brachten High-Yield-ETF knapp 15 Prozent Rendite.

Wenn die Erträge der Geldanlage mager sind, werden Kosten ein wichtiges Thema. Wolfgang Habermayer, Gründer und Chef der Vermögensverwaltung Merito, kennt dieses Problem von Kunden, die neu zu ihm kommen, gut. „Wir durchleuchten die Portfolios auf versteckte Kosten“, sagt er.

Und da gibt es immer wieder genug zu finden. „Wenn jemand zum Beispiel 50 Einzeltitel im Portfolio hat, läuft der Taxameter“, erklärt er. Bei Renditen, die oft nur 0,56 Prozent im Jahr ausmachten, seien Gebühren von ein Prozent schon zu viel. Die Kosten seien am Markt mit risikofreien Anlagen nicht zu verdienen. Habermayer präferiert daher ETF (Exchange Traded Funds). Mit diesen Produkten, die meist einem Index folgen, könne ein breit gestreutes Portfolio zusammengestellt werden, bei dem die Kosten gering seien.

Die Auswahl des besten Veranlagungsmixes ist derzeit dennoch schwierig. Wahlen, Brexit, Populismus: „Die Politik dominiert die Märkte und kann jederzeit für böse Überraschungen sorgen“, sagt Habermayer. Und die Banken in Europa seien vielfach noch mit nicht oder schwer einbringlichen Krediten in Milliardenhöhe belastet.

Vorsicht bei Aktien

Habermayer geht daher auf Nummer sicher. Aktien seien bereits sehr teuer und die Kursschwankungen an den Märkten sei extrem gering – beides Zeichen für eine überhitzte Börsen. „Wir haben den Aktienanteil in den Portfolios reduziert“, sagt der Merito-Chef. Natürlich ziehe man sich nicht gänzlich aus den Aktien zurück. Immerhin seien sie derzeit noch unumgänglich, wenn man Erträge generieren wolle.

Bei Anleihen greift Habermayer zu Unternehmens-Bonds und Papieren mitkürzeren Laufzeiten. Der Zinsanstieg in den USA wirke sich nämlich auch auf europäische Anleihen aus. Mittlere und lange Laufzeiten hätten die Tiefststände bei den Renditen wohl schon erreicht. Steigende Renditen aber bedeuten Kursverluste.

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