ESM und Fiskalpakt: Die "Zwillinge" erklärt

Durch den Fiskalpakt werden Staatshaushalte und -schulden kontrolliert. Der Rettungschirm soll Ländern in der Krise helfen.

Die deutsche Regierung wirbt schon lange: der europäische Fiskalpakt und der neue dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM gehören zusammen. Die beiden Vorhaben, so argumentieren ihre Befürworter mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze, verknüpften die finanzpolitische Solidität mit der Solidarität. Im Folgenden die Eckpunkte von Fiskalpakt und ESM, deren Ratifizierungsgesetze der Deutsche Bundestag und Bundesrat am Freitagabend mit Zweidrittel-Mehrheiten verabschieden sollen.

Was steckt hinter dem Fiskalpakt?

Mit dem Fiskalpakt wollen die EU-Staaten die Zügel bei der Kontrolle der Staatshaushalte und beim Schuldenabbau anziehen. Dies soll bei Investoren wieder für mehr Vertrauen in den Euro sorgen. Nicht nur die 17 Euro-Staaten, sondern mit Ausnahme Großbritanniens und Tschechiens haben alle EU-Staaten den Pakt unterzeichnet.

Kernelement ist die Schuldenbremse, die die EU-Länder in ihrer nationalen Gesetzgebung, möglichst die Verfassung, festschreiben sollen. Damit sollen die hohen Etat-Defizite in den meisten EU-Ländern zügig und verbindlich in einem festen Zeitraum in Richtung Haushaltsausgleich abgebaut werden. Als erreicht gilt der Haushaltsausgleich, wenn das Land bei einer konjunkturunabhängigen Defizitmarke von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) landet. Ausnahmen soll es etwa bei Naturkatastrophen geben. Die Staaten müssen einen Mechanismus festlegen, um etwaige Abweichungen vom Zielpfad zu korrigieren. Deutschland verfügt schon über eine Schuldenbremse in der Verfassung, die allerdings nicht 100-prozentig deckungsgleich mit den Anforderungen aus Europa ist.

Folgt ein Vertragsland nicht der Verpflichtung zur Umsetzung der Schuldenbremse, kann es von einem Partnerland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden. Verstößt ein Staat trotz eines EuGH-Urteils weiter gegen den Pakt, kann das Gericht eine Geldstrafe bis zu 0,1 Prozent des BIP verhängen. Das Geld fließt dem Euro-Rettungsschirm ESM zu. Über den Fiskalpakt hinaus verpflichten sich die Staaten zudem zu einer enger abgestimmten Wirtschaftspolitik, mit der Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung verbessert werden soll.

Was ist der ESM?

ESM und Fiskalpakt: Die "Zwillinge" erklärt
Die weltweiten Militärausgaben sind im Jahr 2011 erstmals seit 13 Jahren fast unverändert geblieben, teilte das Friedensforschungsinstitut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) am Dienstag mit.

Während der Fiskalpakt die Mitgliedsländer zu einer Haushaltspolitik zwingen soll, die Krisen verhindern soll, stellt der dauerhafte Europäische Stabilisierungsmechanismus ESM das Kerninstrument dar, um Ländern in einer Krise zu helfen. Bedingung ist, dass das betreffende Land den Fiskalpakt ratifiziert hat, also zur Haushaltsdisziplin zurückkehren will.

Der ESM wird, anders als der vorläufige Rettungsschirm EFSF, ähnlich dem IWF rechtlich als echte internationale Finanzinstitution aufgestellt. Er ist mit einem Stammkapital von 700 Mrd. Euro abgestattet, von denen 80 Mrd. Euro bis 2014 von den Mitgliedsländern eingezahlt werden müssen. Das ist die Basis, von der der Fonds Kredite von maximal 500 Mrd. Euro an Länder vergeben kann, die Hilfen beantragen. Der deutsche Anteil am ESM-Kapital liegt bei 190 Mrd. Euro.

 Der ESM verfügt über ein Bündel von Hilfsinstrumenten, die unter Spar- und Reformauflagen vergeben werden können. Er kann vorsorgliche Finanzhilfen in Form von Darlehen an Euro-Staaten vergeben, die wirtschaftlich im Grunde gesund sind, aber kurzfristige Finanzierungsprobleme haben. Er kann bedrohten Mitgliedsländern aber auch Kredite geben, um ihnen über tiefgreifende Finanzprobleme hinwegzuhelfen. Daneben kann der Fonds Staaten, die spezielle Probleme mit ihrem Bankensektor haben, wie aktuell Spanien, bei der Rekapitalisierung ihrer schlingernden Institute helfen.

In Ausnahmenfällen kann der ESM vorübergehend Anleihen von Euro-Ländern bei ihrer Ausgabe ankaufen (Primärmarktkäufe), wenn ein Land Schwierigkeiten hat, seine Papiere bei privaten Investoren abzusetzen. Der Rettungsschirm kann aber auch über den allgemeinen Kapitalmarkt Kreditpapiere von Krisenländern kaufen (Sekundärmarktkäufe). Bedingung ist bei beidem, dass die Europäische Zentralbank (EZB) zuvor außergewöhnliche Umstände und Gefahren für die Finanzstabilität feststellt.

Nach dem Willen des Euro-Gipfels soll der ESM auch direkte Hilfen an notleidende Banken im Euro-Gebiet geben können. Aber auch dafür soll es Auflagen geben, heißt es von Experten. Das neue Instrument mache zudem keine Änderung des ESM-Gesetzes nötig. Vielmehr könnte es auf Basis eines einstimmigen Beschlusses des ESM-Gouverneurrats in den Instrumentenkasten aufgenommen werden.

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