Eine Partnerbörse der anderen Art: Anonyme Suche nach Firmenkrediten

Neuwirth-Riedl: „Wir sind keine Konkurrenz zu den Banken“
Was bei der Suche nach privaten Partnern funktioniert, etabliert sich mittlerweile auch bei Finanzierungen.

Parship, Tinder und Co. boomen seit Jahren. Was bei der Suche nach privaten Partnern funktioniert, etabliert sich mittlerweile auch bei Finanzierungen. Das System ist ähnlich gestrickt. Statt Liebeslustige und einsame Herzen zu vermitteln, werden Unternehmen, die Geld brauchen, mit jenen zusammengebracht, die selbiges haben. Also Banken und private Investoren.

Das Angebot, über Internet einen Geldgeber zu finden, wächst international immer stärker. Die Plattform Finpoint, bereits etabliert in Großbritannien und Deutschland, ist seit dem Vorjahr auch in Österreich präsent.

Werner Neuwirth-Riedl, ehemaliger Finanz-Vorstand im BauMax-Konzern und Österreich-Chef von Finpoint, zeigt sich mit dem Start durchaus zufrieden. Er skizziert einen typischen Geschäftsfall: Ein Unternehmen braucht einen Kredit für eine größere Investition, will aber nicht schon wieder zur Hausbank pilgern, sondern anonym auf breiter Basis die Konditionen abtesten.

Der Kunde stellt seine Unterlagen auf die Finanzierungsplattform: Projektbeschreibung, Business-Plan und Bilanzen. Noch ist er anonym. Die teilnehmenden Banken, in Österreich derzeit rund 30 Institute, und Investoren sehen auf einen Blick alle wichtigen Daten.

Sind Bank oder Investor interessiert, können sie das Unternehmen direkt kontaktieren. "Der Kunde entscheidet, mit wem er Kontakt aufnehmen will und mit wem nicht", erklärt Neuwirth-Riedl. Erst bei Gefallen wird ein persönliches Treffen vereinbart.

Marktplatz

Die Vorteile würden auf beiden Seiten liegen. Die Unternehmen könnten sich – ohne dass Kosten auflaufen – unter Wahrung der Anonymität auf einem großen, transparenten Marktplatz umschauen und sparen sich dadurch viele persönliche Gespräche. "Die Banken kommen auch in Regionen ins Geschäft, wo sie nicht präsent sind, und sparen sich die Kosten eines Direktvertriebs."

Man nehme den Banken kein Geschäft weg, Finpoint agiere nur als Vermittler, will sich Neuwirth-Riedl nicht als Konkurrenz zu den Kreditinstituten sehen. Kommt es zum Geschäftsabschluss, zahlen die Banken Erfolgsprovision am Finpoint.

Hochsicherheit

Zielgruppe sind kleine und mittelständische Unternehmen sowie Immobilien-Entwickler. Vermittelt wird vom Betriebsmittelkredit (bis 150.000 Euro) bis zur Finanzierung im einstelligen Millionenbereich. Die Kommunikation laufe nicht über normale Mails, sondern über ein komplexes Hochsicherheits-System, versichert Neuwirth-Riedl. Die Plattform versucht sich auch als Finanzierungs-Börse für Start-ups. Nur private Konsumenten sind ausgeschlossen.

In Deutschland hat Finpoint bisher rund 1,1 Milliarden Euro an Krediten vermittelt. In Österreich hält man derzeit bei etwa 80 Millionen Euro.

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