Der Preiskampf macht vor keinem Hühnerstall halt. Ein aktuelles Beispiel dafür liefert der Lebensmitteldiskonter Penny, der seit Mittwoch Eier aus Bodenhaltung in der 10-Stück-Packung um 1,29 Euro verkauft. Und damit einen Sturm der Entrüstung unter österreichischen Eier-Lieferanten auslöst.
Denn die Eier kommen aus deutschen Ställen – und das ist laut Michael Wurzer, Sprecher der Österreichischen Geflügelwirtschaft, ein echter Stilbruch. „Seit Österreich im Jahr 2009 aus der Käfighaltung ausgestiegen ist, hat sich der Handel committet, nur noch österreichische Eier ins Regal zu stellen“, erläutert Wurzer. Und damit Eier, die unter hohen Tierschutz- und Qualitätsstandards produziert werden.
Dass jetzt ein Diskonter Billigware importiert, lässt bei ihm alle Alarmglocken schrillen: „Hat ein Händler billige Ware im Angebot, wollen sie die anderen auch haben. Erfahrungsgemäß ist das eine Spirale nach unten.“
Die Sprecherin des Lebensmittelkonzerns Rewe (Billa, Billa Plus, Penny, Adeg) versucht zu kalmieren: „Es handelt sich um eine sehr kurze Sonderaktion von nur einer Woche.“ Von einem Strategiewechsel könne überhaupt keine Rede sein. Man habe lediglich beobachtet, dass derzeit bei vielen Konsumenten am Ende des Monats das Geld sehr knapp wird und habe deswegen diese extreme Aktion gestartet.
In der Agrarmarketing Austria, kurz AMA, herrscht helle Aufregung. Auch weil man dort der Meinung ist, dass „für Konsumenten die deutsche Herkunft der Eier de facto am Regal nicht ersichtlich ist“, so AMA-Sprecherin Manuela Schuerr. Freilich sind die Eier mit „DE“, also mit Verweis auf die deutsche Herkunft, gestempelt. Aber beim Kauf würde kaum ein Konsument den Stempel studieren. Schuerr: „In der einen Filiale steht die Palette wenigstens noch separat, in der anderen ist die Importware zwischen Kraut und Rüben mitten unter die österreichischen Eier eingeschlichtet.“
Die deutschen Eier kommen für die heimischen Erzeugerbetriebe zur absoluten Unzeit. Selbst ohne die ausländische Ware geht der Markt förmlich in einer aktuellen Überproduktion unter. „Pro Monat produzieren wir allein in Bodenhaltung acht bis zehn Millionen Stück Eier zu viel“, rechnet Wurzer vor.
Das ist zu einem gewissen Teil der Jahreszeit geschuldet und ein alljährliches Problem. Im Sommer wird weniger gebacken und es werden auch weniger Eier gegessen. Doch heuer kommt dazu, dass Tourismusbetriebe noch immer viel weniger Ware abnehmen, etwa weil der Kongress- und Städtetourismus noch immer am Boden ist. Zur Größenordnung: Normalerweise kauft die Gastronomie bzw. der Torismus ein geschätztes Drittel der heimischen Produktion auf. Da die Branche im vergangenen Jahr größtenteils im Lockdown war, gab es seit letzten Herbst enorme Übermengen am Markt.
Diese wurden – wie sonst vor allem in den Sommermonaten üblich – von Flüssigei- und Eipulverproduzenten abgefangen. Doch auch bei diesen Betrieben hält sich die Nachfrage aktuell in Grenzen. „Die Lager sind nach den Lockdown-Monaten voll. Die Preise sind entsprechend am Boden“, weiß Wurzer.
Demnach bekommen Bauern derzeit 70 Cent pro Kilo Ware aus Bodenhaltung (was 16 Stück Eiern entspricht). Wurzer: „Damit sind wir auf dem europäischen Preisniveau, wo sich niemand für die Haltung und Fütterung interessiert.“ Unter anderem haben die Tiere in Österreich von Gesetzes wegen mehr Platz. Und sie werden mit gentechnikfreiem Soja gefüttert, das fast doppelt so viel kostet wie jenes aus Übersee. Da die höheren Futterpreise bei der derzeitigen Preislage nicht mehr an die Käufer weitergegeben werden können, droht ein Ausstieg aus dem gentechnikfreien Soja, fürchtet Wurzer.
Dass Österreichs Betriebe zu höheren Kosten produzieren liegt aber an ihrer Größe. Hierzulande halten die 1.800 Legehennen-Betriebe durchschnittlich 5.000 Tiere, in Deutschland sind es 15.000.
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