Dreamliner: Boeing droht teures Erwachen

Laut Experten kosten die Flugausfälle den US-Hersteller einen dreistelligen Millionenbetrag.

Der Albtraum um den "Dreamliner" könnte ein teures Erwachen nach sich ziehen. Zwar teilte Boeing am Mittwoch mit, dass man nicht mit einem "signifikanten finanziellen Effekt" rechne. Und die Zahlen für das vierte Quartal des Vorjahres sind auch besser als erwartet: der bereinigte Gewinn je Aktie sank auf 1,28 nach 1,32 Dollar im Vorjahr; Analysten hatten lediglich mit 1,19 Dollar gerechnet. Der Umsatz kletterte um 14 Prozent auf 22,3 Milliarden Dollar (16,60 Milliarden Euro).

Doch je länger sich die Fehlersuche bei dem Vorzeigeflieger hinzieht, desto größer wird die Rechnung. Schon seit zwei Wochen steht der "Dreamliner" nutzlos herum. Boeings Vorzeigeflieger, mit dem die Amerikaner Luftfahrtgeschichte schreiben wollten, muss nach einem Brand an Bord und einer Notlandung wegen geschmorter Batterie zwangsweise am Boden bleiben - und das möglicherweise noch eine ganze Weile. Denn der Fehler wird irgendwo in der Elektrik vermutet. Analysten schließen milliardenschwere Belastungen nicht mehr aus.

Ursachenforschung

Verbirgt sich die Brandursache in der Hilfsturbine? Im Ladegerät? Gingen die Brände in den "Dreamliner"-Maschinen von Japan Airlines (JAL) und All Nippon Airways (ANA) von einem Fehler in der Lithium-Ionen-Batterie des japanischen Herstellers GS Yuasa aus? Die Vermutungen der ersten Tage konnten die Ermittler der US-Luftfahrtaufsicht FAA und der Verkehrssicherheitsbehörde NTSB bisher nicht belegen.

"Keine Mängel gefunden", lautete das wenig zufriedenstellende Zwischenergebnis. "Die Untersuchung der beschädigten Batterie geht weiter." Ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt jetzt die Steuerungsplatine des Akkus, die Boeing vom japanischen Hersteller Kanto Aircraft Instruments bezieht.

Die Brandursache zu finden, könnte Monate dauern - eine Lösung möglicherweise noch weitaus länger. In der Branche halten manche eine Verzögerung von ein bis zwei Jahren für denkbar. Dazu könnte es kommen, falls Boeing ein ganz neues Konzept für die Bordelektrik entwerfen muss - und dafür neue Tests und eine Zulassung durch die Behörden benötigt.

Erneuter Verzug

Dem Flugzeugbauer droht erneut, die Zeit davonzulaufen. Schon als der "Dreamliner" im September 2011 an den Erstkunden All Nippon Airways ausgeliefert wurde, war Boeing mehr als drei Jahre im Verzug. Hatte das Unternehmen zwischenzeitlich Aufträge für fast 1.000 Jets eingesammelt, standen nach einigen Stornierungen am Ende noch rund 850 Maschinen im Auftragsbuch.

50 dieser "Dreamliner" sind mittlerweile im Dienst - und die müssen jetzt am Boden bleiben. Alle weiteren Auslieferungen sind bis auf Weiteres gestoppt. Die US-Sicherheitsbehörde NTSB wagt keine Vorhersage, wann das Flugverbot aufgehoben werden könnte.

Die Probleme kratzen am Ruf Boeings als zuverlässigem Flugzeugbauer. "Wenn der Fehler über eine fehlerhafte Batterie hinausgeht, wird das Vertrauen abnehmen", schätzt Analyst Carter Leake von BB&T Capital Markets.

Noch keine Panikverkäufe

Noch scheint aber an der Börse die Hoffnung zu überwiegen, dass der Fehler schnell gefunden und beseitigt wird. Seit dem Jahreswechsel hat die Boeing-Aktie 5 Prozent ihres Werts eingebüßt. Ein panikartiger Einbruch sieht anders aus.

Experten vermuten, dass die eigentlichen Flugausfälle den US-Hersteller einen dreistelligen Millionenbetrag kosten werden - je nachdem, wann das Flugverbot wieder aufgehoben wird. Die ersten Fluggesellschaften hatten schon Schadenersatz-Forderungen angedeutet.

Analyst Howard Rubel von Jefferies fürchtet allerdings vor allem um die künftigen Umsätze mit dem Flieger, der mit seinem geringen Spritverbrauch als Hoffnungsträger in der Branche galt. Im schlimmsten Fall müsste Boeing erwartete Erlöse von rund fünf Milliarden Dollar in den Wind schreiben, schätzt Rubel. Dass es tatsächlich so schlimm kommt, hält er jedoch für unwahrscheinlich.

Selbst der Erzrivale Airbus erwartet, dass Boeing letztlich die Kurve bekommt. Davon ist zumindest Unternehmenschef Fabrice Bregier überzeugt: "Airbus hat die besten Ingenieure der Welt, Boeing ist nicht weit davon entfernt. Ich bin sicher, Boeing wird eine Lösung finden."

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