Dividenden als dickes Trostplaster für Aktionäre
Im Vorjahr haben sich die Kurse bei den meisten Aktien schlecht entwickelt – und das trotz hoher (Rekord-)Gewinne. Viele Aktionäre haben dennoch Grund zur Freude. Denn als Trostpflaster gibt es infolge der guten Geschäfte hohe Ausschüttungen. „In einem wirtschaftlich und geopolitisch herausfordernden Jahr 2022 haben sich die Unternehmensgewinne in der Breite gut gehalten“, erläutert Jörg de Vries-Hippen, Chief Investment Officer für europäische Aktien bei Allianz Global Investors. „Hinzu kommt, dass die Dividendenpolitik vieler Unternehmen auf stetige, mitunter sogar stetig steigende Ausschüttungen abzielt.“
Gerade in Europa sei die Dividendenkultur traditionell stärker als in Nordamerika und Asien ausgeprägt. Im 25-Jahres-Zeitraum 1978 bis 2022 waren laut Allianz in Europa fast 35 Prozent der gesamten Aktienerträge auf Dividenden zurückzuführen. In Nordamerika und Asien lagen die entsprechenden Werte bei rund 26,5 bzw. 30,5 Prozent. Berechnungen der Allianz zufolge haben die Unternehmen des breiten europäischen Aktienindex MSCI Europe im Vorjahr rund 382 Milliarden Euro ausgeschüttet – ein Rekordwert. Heuer sollen es 387 Milliarden sein.
Aber nicht nur in Europa profitieren Anleger von den steigenden Ausschüttungen. Laut dem britischen Vermögensverwalter Janus Henderson haben 88 Prozent der Unternehmen die Dividende erhöht oder konstant gehalten. „In den Schwellenländern, im asiatischpazifischen Raum ohne Japan und in Europa stiegen die Dividenden auf währungsbereinigter Basis um rund ein Fünftel. In den anderen Regionen war das Wachstum geringer“, sagt Jane Shoemake, Portfolio-Managerin bei Janus Henderson. 12 Länder verzeichneten demnach Rekorddividenden, darunter die USA, China und Brasilien. Wobei das Wachstum in den USA geringer gewesen sei als in anderen Ländern, da es in der Pandemie weniger Rückgänge gegeben habe.
Unterm Strich stiegen die Dividenden im Vorjahr weltweit um 8,4 Prozent auf einen Rekordwert von 1,56 Billionen Dollar. Heuer sollen es laut Shoemake 1,60 Billionen werden.
Die Anstiege des Vorjahres gingen zu fast einem Viertel auf die Öl- und Gasproduzenten zurück. „Die höheren Energiepreise führten dazu, dass sie ihre Ausschüttungen um zwei Drittel erhöhten, und zwar durch eine Mischung aus regelmäßigen Ausschüttungen und einmaligen Sonderdividenden“, so Shoemake. Ein weiteres Viertel des weltweiten Wachstums entfiel ihrer Erhebung nach auf Finanzwerte, die ihre Erholung von den Kürzungen während der Pandemie im Jahr 2021 fortsetzten.
Ein Achtel stammt demnach aus dem Verkehrssektor, vor allem auf Frachtunternehmen, die von deutlich höheren Transportkosten profitierten. Die steigende Nachfrage und die höheren Preise für Autos und Luxusgüter hätten wiederum dazu geführt, dass diese Sektoren das Dividendenwachstum in Europa am stärksten ankurbelten.
In Deutschland etwa bleibt laut einer Studie der DZ Bank wie im Jahr zuvor Mercedes-Benz mit einer Gewinnausschüttung von 5,6 Milliarden Euro die Nummer eins, gefolgt vom Konkurrenten BMW (5,1 Mrd.) und dem Versicherungskonzern Allianz (4,6 Mrd.). Auf Platz vier und fünf liegen Volkswagen (4,3 Mrd. Euro) und die Deutsche Telekom (3,5 Mrd.). International macht der australische Bergbaukonzern BHP das Rennen vor Petroleo Brasileiro und Microsoft.
Generell seien attraktive Dividendentitel jene Unternehmen, die auf alteingesessene und bewährte Geschäftsmodelle setzen, sagt Johannes Rosenstatter, Leiter des Asset Managements bei der Spängler KAG und Manager des Top-Dividende-Fonds, im KURIER-Gespräch. Hier fließe weniger in Forschung und Entwicklung, sodass mehr Mittel für Ausschüttungen übrig bleiben würden. Hierzu zähle etwa der Finanzbereich, wobei dieser „im Moment ein bisserl gefährlich sei“.
Aktuell ist in seinem Fonds der Finanzsektor mit 17 Prozent die zweitgrößte Branche (nach Kommunikationsdienstleistern mit 17,4 Prozent). „Ein Klassiker“ in Dividendenstrategien seien Pharmakonzerne, da sie oft hohe Ausschüttungen vornehmen würden. Basis-Konsumgüter-Konzerne wie etwa Unilever oder L’Oreal seien hingegen eher schon zu teuer geworden. Generell werde es ab einer Dividendenrendite von drei bis vier Prozent interessant.
Einen wichtigen Rat gibt Rosenstatter aber diesbezüglich allen Dividendenjägern: „Lassen sie sich nicht von einer hohen Dividendenrendite blenden!“ Sie gibt das Verhältnis der Dividende zum aktuellen Aktienkurs wieder. Denn wenn etwa der Kurs um die Hälfte falle, steige die Rendite schlagartig an. „Man muss als Investor auch ein bissl in die Zukunft schauen“, sagt Rosenstatter.
Konkret auf ein paar Details in der Bilanz achten, wie etwa den Verschuldungsgrad oder die Ausschüttungsquote. Seien diese hoch, „ist die Kürzung der Dividende bereits vorprogrammiert“. Intel etwa sei ein aktuelles Beispiel. Der US-Chipkonzern kürzte die Dividende kräftig von 1,46 auf 0,50 Dollar. Zuvor wurde die Dividende Jahr für Jahr gesteigert. „Irgendwann erwischt es einen dann doch.“
Daher rät Rosenstatter, irgendwann auch Kursgewinne mitzunehmen. Beim Spängler Top-Dividende gebe es jährlich drei große Analysetermine, bei denen Positionen im Fonds ver- bzw gekauft werden. Der Fonds wurde vor 3 Jahren aufgelegt und schaffte eine Performance von 6,57 Prozent per annum.
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