Bankchef Höllerer: „Glaube nicht, dass wir den digitalen Euro brauchen“

Es gibt viel Kritik und viele offene Fragen, wenn es um den digitalen Euro geht. Ginge es nach Michael Höllerer, dem Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, braucht Europa diese digitale Währung überhaupt nicht.
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"Der digitale Euro ist aus meiner Sicht ein intransparentes Projekt der Europäischen Zentralbank", sagte Höllerer bei einer Paneldiskussion des Austrian Blockchain Centers an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Er stehe dem Thema sehr kritisch gegenüber. "Die Sinnhaftigkeit erschließt sich mir noch nicht." Höllerer hofft, dass "der digitale Euro nicht so kommt, wie er geplant ist".
"Es gibt andere Möglichkeiten"
"Wenn es eine Frage der Zahlungsverkehrinfrastruktur in Europa ist, dann gibt es andere Möglichkeiten, und auch wenn man hier einen Gegenpol zu den US-amerikanischen Anbietern schaffen möchte, muss man eine andere Lösung einschlagen."
Alfred Taudes, Professor am Institut für Kryptoökonomie an der Wiener WU, sieht den digitalen Euro weniger negativ und erkennt sehr wohl den Nutzen, den die digitale Währung haben kann. Für ihn ginge es um die europäische Souveränität, wie Taudes dem KURIER erklärt.
Der digitale Euro ist als digitales Gegenstück zum Bargeld geplant. Er soll zur Zahlung online und im Geschäft verwendet werden können. Ob und in welchem genauen Rahmen er eingeführt wird, ist bis jetzt unklar. Im November ging das Projekt der Europäischen Zentralbank (EZB) nach zweijähriger Untersuchungsphase in die Vorbereitungsphase. In dieser wolle man die Grundlagen für die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro schaffen. Dafür brauche es ein abgeschlossenes Regelwerk und Anbieter, die eine Plattform und die Infrastruktur für die neue Digitalwährung entwickeln, wie es auf der Website der EZB heißt.
"Wir sind abhängig von Visa, Mastercard und ähnlichem und davon, dass man uns nicht von den internationalen Zahlungssystemen abschneidet", sagt der Ökonom. Gerade deswegen sei der digitale Euro so wichtig, um die Unabhängigkeit von internationalen Anbietern zu gewährleisten. Besonders wichtig sei dem Professor nach aber die Ausgestaltung der neuen Währung, vor allem in Bezug auf Datenschutz und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten.
Nicht anonym
Kritisch sieht auch er aber die Möglichkeit der Überwachung. „Man kann das durch Kryptografie schon so gestalten, dass die Daten geschützt sind. Auf der anderen Seite kann man einen digitalen Euro nicht anonym machen, denn das normale Bankgeld unterliegt auch den Geldwäscheregeln“, erklärt Taudes.
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Die Möglichkeit zur staatlichen Überwachung wird auch bei bereits bestehenden Digitalwährungen von Notenbanken kritisiert, so wie auch beim digitalen Yuan in China. Dieser wurde bereits vor drei Jahren vorgestellt und regional eingeführt. Medienberichten zufolge hält sich der Erfolg der Währung aber in Grenzen.
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