Digitaler Bau: Wenn der Polier zur Drohne greift
Was verbindet man in der Regel mit Baustellen? Arbeiter, die Ziegel schupfen; Gerüste, Schaufeln, Zement, Betonmischer. Stimmt. Doch zu diesen analogen Dingen ist längst Hochtechnisches dazugekommen. Karl-Heinz Strauss, Chef und Miteigentümer des heimischen Baukonzerns Porr, kommt so richtig ins Schwärmen, wenn er von der papierlosen Baustelle erzählt: „Vom Bestellen übers Planen bis zum Bezahlen, alles geht vollautomatisch.“ Poliere sind schon längst mit Wetter-Apps ausgestattet, um Arbeiten vorzuziehen oder zu verschieben, wenn ein Regenschauer heranzieht. Kranführer werden via App vor heftigen Böen gewarnt. Dass die Maschinen vernetzt sind, versteht sich mittlerweile fast von selbst. Etwas neuer ist, dass auch Drohnen eingesetzt werden – für die Übersicht über Baufortschritte oder zur Erkundung der Umgebung beim Straßenbau.
Bauen 4.0
Zur neuen Bauwelt gehört auch, dass die Mitarbeiter auf den Baustellen mit Echtzeit-Informationen versorgt werden; etwa darüber, wo exakt und wie viel Baumaterial gelagert ist. „Viele Zulieferer, vor allem im Bereich der Haustechnik, kommen da noch gar nicht mit“, hat Strauss festgestellt. Seine Lieferung, etwa Rohre, irgendwo vom Lkw kippen, das gehe einfach nicht mehr. Exakte Planung spart Zeit und Geld.
Auch für Bauherren wird’s digital: Bei Baubesprechungen können sie, ausgestattet mit Virtual-Reality-Brillen, durchs geplante Gebäude „gehen“.
Für die komplexeren Abläufe am Bau sind geschulte Mitarbeiter und Lehrlinge Voraussetzung. Dafür hat die heimische Bauwirtschaft die Inhalte der Lehrlings-Ausbildung überarbeitet.
Und dafür baut die Porr in Wien-Simmering für fünf Millionen Euro einen Ausbildungscampus. Im Sommer kommenden Jahres sollen dort – für die eigenen Mitarbeiter und Lehrlinge – die ersten Kurse stattfinden.
Wie andere Wirtschaftsbereiche auch leidet die Baubranche unter einem Fachkräftemangel. In Österreich sucht Strauss aktuell um die 200, in Deutschland weitere 100 Mitarbeiter. Der Konzern würde mittlerweile nur noch für Aufträge bieten, „wenn die dafür benötigten Teams bereitstehen“. Die Bauindustrie würde zwar sehr gut laufen – die Produktionsleistung der Porr wurde im ersten Halbjahr um 22 Prozent aufgebaut. Das Aber: „Wir sehen einen Druck auf die Bruttomargen, etwa in Märkten wie Polen“, so Strauss. Die Materialkosten seien gestiegen, Subunternehmer haben die Preise angehoben.
Margendruck
Das gilt teilweise auch für Österreich. Im Wohnbau im Osten Österreichs seien die Kosten in den vergangenen sieben Jahren um 27 Prozent gestiegen, die Preise aber nur um 15 Prozent. Strauss: „Wir sind an der Grenze der Effizienzsteigerung angekommen.“
„Ich bin gekommen, um zu bleiben“, sagt der Baumanager auf die Frage, ob er sich nach mittlerweile acht Jahren an der Konzernspitze bald zurückziehen will. „Die Porr ist Eigentümer-geführt, aber Gott sei Dank gesegnet mit guten Leuten.“ In den nächsten Jahren werde die Führung breiter aufgestellt. „Und irgendwann werde ich dann in den Aufsichtsrat wechseln.“
So richtig ärgern kann sich der Porr-Chef, wenn es um die Diskussionen über den 12-Stunden-Tag geht. „Den 12-Stunden-Tag gibt es nicht. Das Gesetz ermöglicht es, die Tagesarbeitszeit auszudehnen“, so Strauss. Dass die gesetzliche Maßnahme jetzt durch Änderungen in Kollektivverträgen verwässert werden soll, „das klingt nach Klassenkampf“, findet Strauss. Das seien „völlig veraltete Verhaltensweisen, die in einem gerechten, sozialen Standort wie Österreich nichts verloren haben“.
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