Die neuen Überflieger: Eine Drohne für alle Fälle
Summende Drohnen über Weingärten haben schon manche Spaziergänger verwundert zurückgelassen. Handelt es sich um ein Kinderspielzeug oder ein Profigerät? Was hat das hier verloren, und ist das überhaupt erlaubt?
Diese Fragen können Christian Preiml und Christian Gedeon beantworten. Die beiden haben ein Start-up für Drohnen gegründet. Besser gesagt einen Universalanbieter, der in diesem Bereich alles bietet, was das Kundenherz begehrt. Der KURIER hat Ende Oktober bereits erstmals darüber berichtet und sich die Sache nun aus der Nähe angeschaut.
Ihr erster Einsatz führte die Drohnen-Spezialisten in einen Weingarten. Die Idee war einfach: Warum in vielen Stunden mühsamer Arbeit den Weingarten abgehen und die Weinstöcke auf Schäden oder andere Probleme zu kontrollieren, wenn es doch viel einfacher geht? Die Drohne flog das Areal in kurzer Zeit ab und lieferte ein digitales Abbild des Weingartens. Dadurch konnten exakte Ernteprognosen erstellt und die Gesundheit der Pflanzen eruiert werden. „So lassen sich 25 Prozent der Kosten der manuellen Arbeit einsparen“, sagt Preiml.
Profis am Steuer
Der Zugang zur Airxbig-Drohnen-Welt ist einfach. „Wir haben eine Plattform gebaut, in der sich Kunden anmelden können“, sagt Preiml. Die Drohnen werden von externen und professionellen Drohnenpiloten gesteuert. Diese fliegen bestimmte Gebiete ab, die gesammelten Daten werden gespeichert, verarbeitet und auf einem Dashboard kundengerecht aufbereitet.
So wollte zum Beispiel eine Gemeinde in Vorarlberg das Potenzial der Dächer für Solaranlagen ermitteln. Die Drohne flog das bebaute Gebiet ab und die Daten wurden in der Folge auf der Plattform veröffentlicht. „Jeder Bewohner kann seine Hausnummer anklicken und das Potenzial seines Daches für Photovoltaikanlagen herausfinden“, sagt Preiml. Er kann die Ersparnis, die ihm eine Solaranlage bringt, deren Leistung und vieles andere ablesen und an einen Solaranlagenanbieter weiterleiten.
Laser in luftiger Höhe
Airxbig arbeitet laut Gedeon mit den besten Playern in der Drohnenwirtschaft zusammen. Das Unternehmen biete dem Kunden alles, von der Evaluierung, Konzepterstellung, Abstimmung mit Austro Control und sämtlichen anderen Regulativen. „Wir sind praktisch ein One-Stop-Shop, der Kunde bekommt bei uns ein gesamtes Paket“, sagt Gedeon. Man baue auch Mitarbeiter bei den Kunden auf, damit diese Aufgaben selbst übernehmen können. Weiters werden Consulting, Coaching, Schulungen und Softwaredienstleistungen übernommen. Die Datensicherheit werde via Blockchain garantiert.
Die Einsatzbereiche sind vielfältig. In Osttirol wurden in Zusammenarbeit mit der Lawinenschutzkommission Berge abgeflogen, um die Lawinenwarnstufen zu bestimmen. Dafür wurde mittels eines Laserscans die Schneehöhe ermittelt. Ein weiterer Einsatzort sind Wäldern, um Borkenkäferbefall auszumachen. Große Gebiete werden überflogen und fotografiert. Danach kann festgestellt werden, wie viele der Bäume befallen sind und wie viel Biomasse an Tot- und Schadholz Landwirte aus dem Wald holen können.
Auch auf invasive Pflanzen, die die heimische Flora bedrohen, kann Jagd bemacht werden. Diese verursachen in Europa mittlerweile Millionen-Schäden und können zu Gesundheitsbeschwerden führen. Diese Pflanzen können aus der Luft wesentlich besser erkannt und deren Ausbreitung dokumentiert werden, sagt Preiml. Das wohl exotischste Projekt: Airxbig ist auch in Dubai mit einer Niederlassung vertreten. Dort werden einerseits Dattelhaine abgeflogen, andererseits aber auch Wolkenkratzer. „Wir schicken die Drohnen die Fassaden hinauf, um die Baufortschritte zu dokumentieren“, sagt Preiml.
Worin sich Airxbig von anderen unterscheide? Es gebe viele Anbieter, die vor allem in Nischen unterwegs seien. Aber ein Ökosystem, wie es bei diesem Start-up vorzufinden sei, gebe es bisher noch nicht, meint Preiml. Die Kosten würden für sich sprechen: Während eine Hubschrauberminute 65 Euro koste, seien das bei einer Drohne nur vier bis fünf Euro. Oder anders ausgedrückt: Einem Weinbauern kostet die Analyse eines Hektars pro Jahr 625 Euro.
Größte Herausforderungen sind die vielen neuen EU-Reglements, die 2021 novelliert wurden. Diese besagen unter anderem, dass man mit leichten Drohnen näher an Häuser heranfliegen darf als mit schweren und, dass man nur auf Sicht fliegen darf – also die Drohne selbst noch sehen können muss. Abseits davon seien Wind und Wetter die größten Herausforderungen, erzählt Preiml: „Drohnen sind anfälliger als Hubschrauber.“
Nicht zuletzt muss auf Menschen Rücksicht genommen werden, weil viele Angst haben, dass sie oder ihr Haus und Garten gefilmt werden. „Aber wenn man den Leuten den Einsatz erklärt, ist das für die meisten dann rasch plausibel“, so der Drohnen-Experte.
Keine Schnitzel-Einsätze
Airxbig wurde 2022 gegründet, derzeit hat das Unternehmen vier Mitarbeiter. Der erste Flug fand im Juli dieses Jahres statt. Mit Ende 2023 rechnet Preiml mit einem Umsatz von rund 230.000 Euro. 2025 will er bereits 25 Mitarbeiter beschäftigen und 2,5 Millionen Euro umsetzen. Sitz des Unternehmens ist in Mattersburg, was kein Zufall ist. Das erste Projekt in den Weinbergen hat die Gründer ins Burgenland geführt – Preiml stammt ursprünglich aus Kärnten, Gedeon ist ein Weitgereister und lebt vor allem in Wien und in Budapest.
Wohin sich das Einsatzgebiet von Drohnen in Zukunft entwickeln wird, lässt sich aus heutiger Sicht schwer sagen. Der Transport von Gütern und von Personen sei jedenfalls der größte Technologietreiber in der Branche, sagt Preiml. „Ich halte aber nichts davon, wenn man in Zukunft einmal Schnitzel in die Häuser liefern würde.“ Denn dann wäre die Luft voll von summenden Geräten, was Mensch und Tier nicht goutieren würden. Dort, wo Drohnen Gefahren abwenden und Kostenersparnisse oder neue Erkenntnisse bringen können, sei deren Einsatz gerechtfertigt.
Kommentare