Die helle Seite der Macht: Wirtschaft im Weltraum ist keine Fiktion mehr
Amazon-Gründer Jeff Bezos, der am kommenden Dienstag (am 52. Jahrestag der Mondlandung) einen Ausflug in den Orbit unternehmen will, hat eine Vision: Die gesamte CO2-Schwerindustrie soll ins All verlagert werden.
Die Erde ist dann zum Wohnen da und für saubere Wirtschaft. Bezos ist mit derlei Vorstellungen nicht allein.
Interplanetare Gesellschaft
Im Februar publizierten die Havard-Professoren Matt Weinzierl und Mehak Sarang eine Studie mit dem Titel „The commercial space age is here.“
These: „Wir glauben daran, dass wir Menschen zu einer interplanetaren Gesellschaft werden.“ Und: „Es ist nicht so, dass die Menschen auf der Erde Teil einer Wirtschaft im Weltraum werden. Die Ökonomie wird eine Weltraumökonomie sein."
Sind also Bezos, Tesla-Gründer Elon Musk und der britischen Unternehmer Richard Branson (Virgin Group), der erst kürzlich 80 Kilometer Richtung Universium abhob, Pioniere einer Weltraumökonomie?
"Game Changer"
„Sie vermitteln zumindest eine Inspiration, sagt Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). „Und sie sind in gewisser Weise Game Changer“.
Bezos will eine Cloud-Infrastruktur (also die internetbasierte Bereitstellung von Speicherplatz) im All und Musk schießt für sein Internet aus dem Weltraum mit seinen Unternehmen Starlink/SpaceX fast schon jede Woche einen Satelliten in den Orbit.
„Diese Satelliten sind aber sehr klein“, sagt Andreas Geisler, Leiter der Agentur für Luft- und Raumfahrt. Deren Produktionskosten beziffert er mit einer halbe Million Euro.
Eine andere Dimension sind die großen geostationären Kommunikationssatelliten, die in 36.000 Kilometern Höhe den Äquator umkreisen, wie Geisler erläutert.
Deren Produktionskosten liegen bei rund 300 Millionen Euro pro Stück. Derzeit werden laut Geisler rund 15 solcher Satelliten jährlich ins Universum katapultiert.
340 Milliarden Euro Umsatz
Rund 5.700 Satelliten kreisen derzeit um die Erde. In den vergangenen fünf Jahren sind laut NASA die Kosten, einen Satelliten ins All zu bringen, um mehr als die Hälfte gesunken. 14 Anbieter dafür konkurrieren bereits miteinander.
Laut dem Massachusetts Institute of Technology, in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts. erzielt die Satellitenindustrie derzeit einen Jahresumsatz von etwa 340 Milliarden Euro.
Das entspricht fast schon dem österreichischen BIP vor Corona (2019: 376 Milliarden Euro)
Ticket um 46 Millionen Euro
Und was ist mit dem Weltraumtourismus? Tatsächlich planen das mehrere Unternehmen.
Am weitesten scheint Axiom Space aus Houston/Texas zu sein. Zu Jahresbeginn teilte das Unternehmen mit, dass man im kommenden Jahr die erste Reisegruppe für acht Tage auf die Raumstation ISS bringen will.
Für den Transport wurde das Crew-Dragon-Raumschiff von SpaceX gechartert. Ticketpreis: 46 Millionen Euro pro Person.
Reiseleiter und Kommandant ist Michael Lopez-Alegria. Der war mehrmals für die NASA im All und ist überzeugt, dass Ausflüge in den erdnahen Raum Routine werden.
Höchste Professionalität
"Das zeigt, dass all die geplanten Ausflüge keinen Amateur-Vorhaben sind," sagt Geisler: „Das sind Flüge, die den höchsten Anforderungen und Standards der NASA entsprechen. All diese Unternehmen arbeiten dementsprechend auch mit der NASA zusammen.“
Axiom-Chef Michael Suffradini war einmal der Gesamtmanager der Internationalen Raumstation ISS. Seine Vision: Raumstationen im Orbit für Touristen.
Mit einem Sieben-Betten-Hotel für die Gäste (Touristen, Wissenschaftler) samt spektakulärer Aussichtsplattform. Daran angeschlossen: Labore, Arbeitsräume, später einmal Fabriken.
Es gebe Glasfasern, die 100 Mal leistungsfähiger seien, wenn sie in der Schwerelosigkeit des Orbits produziert würden, erzählt Suffradini bei seinen Auftritten.
Die seien so gut, dass man damit sogar Infrarotlicht transportieren könne - sie könnten also hohe Preise vertragen.
"Disneyland im Orbit"
Und wie schätzt FFG-Chefin Egerth diese Weltraum-Pläne ein? Der Weltraum habe schon immer die Phantasie der Menschen beflügelt, sagt sie.
Und in der Gegenwart würden bereits wichtige Fortschritte erzielt. "Denken wir nur an die Fortschritte bei der Krebsforschung durch die vielen Forschungsprojekte im Weltraum."
"Wir müssen aber auch festhalten, dass der Weltraum kein natürlicher lebensraum für den Menschen ist, sondern ein sehr gefährlicher. Denken Sie nur an die Strahlung.“
Tourismus in Weltraum werde es geben, sagt Egerth. „Vielleicht so eine Art Disneyland im Orbit. Aber bei den Ticketpreisen wohl nur für die Eliten.“
Rohstoffparadies Mond
Bleibt noch der Mond. Russland und China haben eine Mondstation angekündigt. Die USA haben eine in Planung. Es geht um Bodenschätze.
2009 wurde nachgewiesen, dass es Hunderte Millionen Tonnen Wassereis am Südpol des Mondes gibt. Daraus kann man theoretisch Wasserstoff und damit Raketentreibstoff gewinnen.
Und nicht zuletzt, glaubt man, dass es große Mengen wertvoller Metalle und die für die Elektronikindustrie so wichtigen "Seltenen Erden" auf dem Mond gibt.
Mehrere große und kleine Unternehmen sehen lohnende Geschäfte auf dem Mond. Astrobotics mit Sitz in Pittsburgh, Pennsylvania will möglichst bald ein unbemanntes Raumschiff auf dem Mond landen.
Astrobotics sieht sich als Mondlogistik-Dienstleister, dass alle möglichen Güter auf den Mond fliegen will, wenn es dort richtig losgeht. Mit Astrobotics kooperiert die Deutsche-Post-Tochter DHL.
Egerth: „Einen kommerziellen Bergbau wird es auf dem Mond sicher nicht so schnell geben. Aber die geplanten Mondstationen sind vorstellbar. Vielleicht sogar mit Wohndesign aus Österreich.“
Das könnte von Barbara Imhof kommen. Imhof ist Architektin und Co-Geschäftsführerin der Liquifer Systems Group Wien. Derzeit entwickelt sie ein Wohnmodul für die nächste internationale Raumstation "Gateway".
"Gateway" soll den Mond in einem elliptischen Orbit umkreisen und ist dafür vorgesehen, ein Tor zur Mondbesiedelung und zur Marsexploration zu bilden.
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