Die Staatsholding darf Minderheitsbeteiligungen für Standort-relevante Unternehmen eingehen und ihnen „Kredite, Garantien und sonstige Finanzierungen zur Verfügung stellen“.
All dies bedarf „der Evaluierung und Zustimmung eines Beteiligungskomitees, welches bei der ÖBAG einzurichten ist“, heißt es in Paragraf 7. Der Beirat sei mit unabhängigen Personen mit „einschlägiger Erfahrung“ zu besetzen.
Macht im Hintergrund
Dieses Gremium, das bisher nie in der Öffentlichkeit auftrat, ist de facto die stille Macht im Hintergrund. Erst wenn das Komitee eine Beteiligung geprüft und entschieden hat, ist der Aufsichtsrat dran. Sagt die Expertenrunde nein, kommt der Fall gar nicht in den Aufsichtsrat.
Bemerkenswert an dieser Konstruktion ist, dass sie im Aktienrecht nicht vorgesehen ist und der Aufsichtsrat auch vorher offiziell nicht informiert wird. Die Beiratsmitglieder schnitzen sich außerdem ihre Geschäftsordnung selbst. Das „advisory board“ in internationalen Unternehmen ist nicht vergleichbar, hat es doch nicht diese Entscheidungsbefugnis.
Interessant ist auch der Bestellmodus. Die Mitglieder werden vom Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrates ernannt. Das war die absolute Machtfülle für den ehemaligen Allein-Vorstand Thomas Schmid (ÖVP). Er schrieb nicht nur maßgeblich am ÖBAG-Gesetz mit und suchte sich Aufsichtsräte selbst aus, sondern auch den Beirat. Dieser wurde heuer im Sommer für drei Jahre neu aufgestellt.
Von den alten Mitgliedern ist niemand mehr im Gremium. Ex-Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber etwa konnte nicht verlängern, da er Bundespräsident van der Bellen berät.
Frauenmehrheit
Die Frauen sind im fünfköpfigen Gremium jetzt in der Überzahl:
Henrietta Egerth-Stadlhuber (Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und Ehefrau von Signa-Vorstand Christoph Stadlhuber), Susanne Halusa (Seibel Consulting) und Edeltraud Stiftinger, Chefin der Förderbank AWS.
An Bord ist auch Österreichs prominentester Wirtschaftsforscher, Wifo-Chef Gabriel Felbermayer, sowie Maximilian Schnödl, Kurzzeit-Direktor der ÖBAG und Gründer von Springbrook Software im Silicon-Valley.
Zwar wurden der ÖBAG von Beratern etliche Unternehmen angedient, doch neben AT&S schaffte bisher erst ein Unternehmen die Hürde bis zum Beirat. Der heimische Futtermittelhersteller Erber Group wurde dann allerdings vom niederländischen DSM-Konzern übernommen.
Schmid und Bernhard Perner, ehemaliger Weggefährte im Finanzministerium, hatten eine Liste mit 200 potenziellen Beteiligungsunternehmen definiert. Der damalige Finanzminister Gernot Blümel wollte jedoch keine Verstaatlichungsdiskussion heraufbeschwören und das Thema neue Beteiligungen war erledigt. Erst ÖBAG-Chefin Edith Hlawati brachte es bei ihrer Antritts-Pressekonferenz wieder aufs Tapet.
Verwässerung
Ein Einstieg bei AT&S hat viele Fragezeichen, Vorstand und Aufsichtsrat haben noch nicht zu einer einhelligen Meinung gefunden. Offen ist, ob eine direkte Beteiligung der ÖBAG überhaupt notwendig ist. Oder ob man mit einer Überbrückungsfinanzierung für Förderungen, mit Garantien oder einer stillen Beteiligung das Auslangen fände. Eine Beteiligung wäre eine Re-Verstaatlichung, die am Kapitalmarkt gar nicht gut ankommt, wie man am Kurssturz sehen konnte.
AT&S wartet als Ergänzung für die hohen Investitionen im Inland auf rund 110 Millionen Euro, die im Rahmen des zweiten europäischen IPCEI-Programms für Mikroelektronik und künftig auch im Rahmen des Chip Acts getätigt werden. In Leoben wird mehr als eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau eines Forschungs- und Produktionszentrums investiert.
„Eine Beteiligung der ÖBAG ist noch nicht geklärt“, bestätigte Aufsichtsratsvorsitzender Hannes Androsch gegenüber dem KURIER. Dies würde nicht nur die Anteile der zwei größten Aktionäre, der Stiftungen von Androsch und von Willibald Dörflinger mit je 18 Prozent, reduzieren. „Es würden die Anteile aller Aktionäre verwässert“, sagt Androsch. Er spreche als Aufsichtsratsvorsitzender (seit 18 Jahren) nicht nur für seine Anteile, „sondern im Namen aller Aktionäre“. Fragt sich außerdem, ob das Unternehmen mit künftig drei statt zwei Kernaktionären besser zu führen wäre.
hodoschek.andrea@gmail.com
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