Die Gefahren fürs Autoland Österreich
Im Herbst wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Da will die amtierende Koalition aus CDU/CSU und SPD natürlich ihre Leistungen wie die Wirtschaftskraft des Landes hervorheben. Störgeräusche wie der mögliche Verkauf des Traditionsbetriebs Opel an Peugeot Citroën (PSA) können die Regierenden da nicht gebrauchen. Schon jetzt ist von möglichen Werksschließungen und dem Abbau von Tausenden Mitarbeitern die Rede. Bevor der Lack ab ist, will man handeln: "Der Bundesregierung ist an einer erfolgreichen Zukunft von Opel sehr gelegen", sagte ein Sprecher. Geplant seien zunächst Treffen mit der französischen Regierung. Oberste Priorität habe die Sicherung der drei Opel-Standorte in Deutschland.
Auch in Österreich dürfte das Zittern um Arbeitsplätze beginnen. Denn General Motors betreibt in Wien-Aspern ein Motoren- und Getriebewerk mit derzeit 1600 Mitarbeitern. 2018 läuft die Produktion der 1,2 und 1,4-Liter-Motoren aus, Nachfolgeaufträge gibt es noch nicht, die Getriebeproduktion soll weiter laufen.
"Ich kenne das Werk in Wien-Aspern, aber was die Zukunft bringt, das weiß derzeit nicht einmal der liebe Gott", sagt der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer zum KURIER. "Nach meiner Einschätzung ist das Werk Aspern produktiver als das Opel-Werk in Kaiserslautern." Nachsatz: "Es ist auch ein relativ neues Werk, aber wie stark dieser Pluspunkt ist, lässt sich derzeit nicht sagen."
Indes kritisiert Toni Steinmetz, Wiener Landessekretär der Gewerkschaft Pro-Ge, dass der Betriebsrat in Aspern erst aus den Medien vom bevorstehende Verkauf erfahren habe. "Wir werden international mit allen Gewerkschaften zusammenarbeiten, um den Standort zu sichern", sagt Steinmetz. "Wir werden darauf achten, dass die Arbeitsplätze in Wien nicht gefährdet werden."
Generell hat die Automobilwirtschaft einen großen Stellenwert in Österreich. Laut Angaben der Branche hängen direkt und indirekt 450.000 Arbeitsplätze an dem Wirtschaftszweig sowie elf Prozent aller Exporte. Vor allem in der Steiermark und Oberösterreich ist die Abhängigkeit groß. Welche Gefahren und Chancen gibt es für das Autoland Österreich?
Dieselaffäre
Die Debatte um die Schädlichkeit des Dieselantriebs hält an. "Wenn wir die Technologie kaputt reden, werden wir die Arbeitsplätze irgendwann nicht mehr haben", sagt Gerhard Wölfel, Chef vom BMW Motorenwerk in Steyr in Richtung Umweltminister Andrä Rupprechter. Tatsächlich stellt das Werk zu zwei Drittel Dieselmotoren her. Daher wäre auch eine Erhöhung der Dieselsteuer kontraproduktiv.
Hohe Kosten
Seit Jahren beklagt die Industrie hohe Lohnnebenkosten sowie inflexible Arbeitszeiten. "Die neue Währung heißt Zeit, nicht Geld", sagt Wölfel. Hier könnte es mit den neu vereinbarten Regierungszielen Lösungen geben.
Digitalisierung
Durch die zunehmende Automatisierung von Produktionsabläufen droht der Verlust vieler Jobs. Bei BMW in Steyr etwa gehen in den nächsten zehn Jahren 30 Prozent der Belegschaft in Pension. Wie viel davon nachbesetzt werden, lässt Wölfel offen. Aber: "Unsere Philosophie ist es, dass die Roboter die Menschen unterstützen, nicht ersetzen."
Elektroantrieb
Die neue Technologie benötigt weniger Teile und hat weniger Reparaturbedarf. Das trifft Zulieferer und Werkstätten. Mit einer Forschungs- und Investitionsoffensive in dem Bereich könnte einiges davon abgefangen werden. Beim Lkw-Hersteller MAN etwa wird bald an einer Vorserie von Elektro-Lkw gearbeitet.
Trump
Wie in vielen Bereichen gilt auch hier der neue US-Präsident als Unsicherheitsfaktor. Führt er Zölle ein, trifft das Exporteure in die USA hart. Bei BMW Steyr gehen rund zwei Drittel aller Motoren dorthin. "Wir nehmen das durchaus ernst", sagt Wölfel. Vorteil: Österreichs Betriebe sind schon jetzt nicht nur von einem Abnehmer abhängig und liefern Teile in alle Regionen der Welt.
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