Die Bahn will Autos vermieten
Die heimische Bahn setzt verstärkt auf die Straße: Neben dem Einstieg ins Fernbusgeschäft im Sommer wollen die ÖBB auch ins Mietwagengeschäft. Konkret will die Bahn ihren Kunden gerade nicht benötigte Autos aus dem eigenen Fuhrpark vermieten. ÖBB-Chef Christian Kern: "Wir haben einen betrieblich genutzten Fuhrpark von rund 600 Autos. Diese wollen wir in unser Mobilitätsangebot integrieren, indem wir sie unseren Kunden zu günstigen Konditionen anbieten."
ÖBB-interner Testlauf
Die Autos können allerdings nicht wie bei anderen Car-Sharing-Modellen irgendwo im definierten Geschäftsgebiet abgestellt werden, sondern müssen wieder an den Ausleih-Bahnhof zurückgebracht werden. Wie das Modell umgesetzt werden kann, wird derzeit einem Bahn-internen Testlauf geprüft, bei dem ÖBB-Mitarbeiter die Autos buchen können.
Die Bahn will damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Kern: "Wir bieten ein zusätzliches Mobilitätsservice und lasten unseren Wagenpark besser aus. Das bringt Deckungsbeiträge." An den Ausbau des Service durch den Kauf zusätzlicher Autos ist aber nicht gedacht.
Der Einstieg ins Autoverleih-Geschäft ist ein Teil der ÖBB-Strategie, als umfassender Mobilitätsanbieter zu reüssieren. Mithilfe einer App – über die derzeit schon Bahntickets gebucht werden können – sollen die ÖBB-Kunden künftig nicht nur Infos über Verbindungen vom Bahnhof zum Endziel ihrer Reise abrufen, sondern diese auch übers Smartphone buchen können. Auch wenn es ÖBB-fremde Angebote sind. Bei Ausflügen per Zug können dann etwa Fahrräder am Zielort über die Bahn gebucht werden.
Ausbildungsoffensive
Für die Umsetzung dieser Strategie wollen die ÖBB in den nächsten fünf Jahren insgesamt 4500 Mitarbeiter – Zugbegleiter, Wagenmeister – neu einstellen. Diese werden im eigenen Haus ausgebildet. Kern: "Wir investieren in den nächsten drei Jahren 50 Millionen Euro in die Ausbildung in eisenbahnspezifischen Berufen. Das ist, glaube ich, das größte Ausbildungsprogramm, das ein österreichisches Unternehmen aufgesetzt hat."
Wachsen wird die ÖBB-Belegschaft nicht. Neben Abgängen in die Pension muss die Bahn die natürliche Fluktuation von rund 1800 Mitarbeitern jährlich ersetzen.
Neue Wege gehen die ÖBB auch im Güterverkehr, um trotz des gesunkenen Transportvolumens ihr Geschäft auszubauen. Sie kämpfen gegen den steigenden Wettbewerbsdruck im völlig liberalisierten Markt.
ÖBB-Chef Christian Kern: „Früher haben wir uns das Geschäft mit den Bahnen in den Nachbarländern geteilt. Wenn wir Transporte nach Duisburg hatten, sind wir bis zur Grenze gefahren, dort hat die Deutsche Bahn übernommen.“ Das ist aus kartellrechtlichen Gründen nicht mehr möglich. Und das gesunkene Gütervolumen führt dazu, dass jede Bahn möglichst weit selbst transportiert.
Außerdem passen sich die Warenströme viel rascher als früher an geänderte Frachtraten an. Kern: „Transporte von Schanghai landen einmal in Koper, einmal in Bremerhaven und dann wieder in Antwerpen.“ Dadurch sei die Bahn praktisch gezwungen, ihr Geschäft zu europäisieren.
Derzeit ist die ÖBB-Gütertochter RCA durch den Aufbau oder Zukauf von Carriern in 19 europäischen Staaten tätig. Sukzessive ausgebaut wird in Deutschland, wo die Bahn in der Vergangenheit nicht die Kompetenz hatte, von großen Umschlagplätzen wie Häfen quer durchs ganze Land mit eigenen Zügen zu fahren.
Kerns Ziel: „In den nächsten Jahren wird sich der Markt stark konsolidieren. Überleben werden nur Low-Cost-Carrier und Netzwerkbahnen. Da wir kein Billiganbieter werden können, müssen wir unser Netzwerk ausbauen.“
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