Dickes Fell nötig: 6 Dinge, die Konsumenten am meisten nerven
Eine Pandemie, ein Krieg und eine seit Jahrzehnten nicht da gewesene Inflation – die ersten Jahre dieses Jahrzehnts waren nicht ohne, und Entspannung ist nicht so bald in Sicht. Doch neben all diesen Krisen müssen die Menschen in Österreich auch noch Probleme des Alltags bewältigen, denn diese sind trotz allem nicht verschwunden. Da geht es oft um banale Dinge, die jedoch oft großen Ärger bereiten. Der KURIER hat nachgefragt, was abseits großer Krisen derzeit am meisten nervt.
Mehr Beschwerden
Die Zahl der Beschwerden hat in den vergangenen zehn Jahren zugenommen, erzählt Manuela Robinson, Bereichsleiterin Beratung im Verein für Konsumenteninformation. Ein Grund dafür sei die steigende Zahl der Einkäufe und Buchungen im Internet. Auch verlagert sich der Ärger der Konsumenten immer wieder in verschiedene Bereiche. „In den vergangenen zwei Jahren gab es wegen Corona viele Beschwerden wegen Flügen und Stornierungen“, sagt Robinson.
Die Art der Beschwerden, die Schadenssummen und die betroffenen Personen – all das variiert enorm. „Manchmal geht es um ein paar hunderttausend Euro, manchmal nur um ein paar Cent“, sagt die Juristin. Bei den Anrufen erkennt sie ein Stadt-Land-Gefälle. Die Städter greifen schneller zum Hörer, wenn ihnen etwas nicht passt. Am Land seien die Beschwerdestellen nicht so bekannt, meint Robinson. Es seien alle sozialen Schichten betroffen, da mache das Schicksal keine Ausnahme.
Wenn Institutionen wie der VKI einschreiten, ist die Erfolgsquote hoch. „In 70 Prozent aller Fälle finden wir eine Lösung, die für beide Seiten in Ordnung ist“, sagt Robinson. Klagen seien oft riskant und könnten viel Zeit in Anspruch nehmen. Wenn der Konsument kaum Chancen habe, werde ihm das gesagt. Oft könne er dann noch um eine Kulanzlösung bitten, was immer wieder zustande komme.
Kuriositätensammlung
Robinson hat dennoch einige Kuriositäten auf Lager, wenn sie über ihren Arbeitsalltag erzählt. Denn die meisten Konsumenten beschweren sich nicht zu Unrecht. Wenn der Verbund damit werbe, dass er Strom zu 100 Prozent aus Wasserkraft mache, dann würden sich viele Kunden wundern, warum das Unternehmen Preisanpassungen wegen des teuren Öls oder Gases vornehme.
Auch bei Handwerkerarbeiten gebe es oft böse Überraschungen. „Vor allem bei Notdiensten gibt es immer wieder schwarze Schafe“, sagt Robinson. Diese würden die Notlage der Leute ausnutzen und horrende Preise verlangen. Das geschehe zum Beispiel bei Schlüsseldiensten oder Notfallinstallateuren. „Das sind oft unredliche Preise, geradezu Sachwucher“, sagt die Expertin. Diese Unternehmen würden Kunden oft zu raschem Zahlen drängen und mit ihnen zum nächsten Bankomat fahren wollen.
Böse kann es enden, wenn Menschen auf ein Phishing-Mail hereinfallen. Oft seien diese Mails so gut gemacht, dass sie echt aussehen, sagt Robinson. Wer aufgrund dessen sensible Daten hergibt, handelt trotzdem grob fahrlässig und schaut im Streitfall mit der Bank meist durch die Finger.
Hier die aktuelle Hitliste der Ärgernisse:
1. Teurer Strom belastet
Die Fragen der Stromkunden zu den hohen Energiepreisen sind vielfältig, zumeist drehen sie sich aber um die neuen und oft hohen Teilbetragsvorschreibungen sowie um Abrechnungen, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Die Preiserhöhungen seien für viele Konsumenten schwer nachvollziehbar und stellten eine große Belastung für sie dar. Insgesamt ist die Zahl der Anfragen bei der E-Control 2022 um 260 Prozent gestiegen.
Urbantschitsch fordert daher die Strom- und Gasunternehmen auf, die Kunden stets gut zu informieren. Unter anderen sollen Preisänderungen und Kündigungen einfach und verständlich kommuniziert und die Handlungsmöglichkeiten der Kunden aufgezeigt werden.
„Viele wissen zum Beispiel nicht, dass sie ihre Teilzahlungsbeträge ändern können“, sagt Urbantschitsch. Im Winter soll niemandem der Strom abgeschaltet werden, auch sollten in dieser Zeit keine Kündigungen ausgesprochen werden. Außerdem soll das Kundenservice gut erreichbar sein.
Und ein Rat an die Stromkunden: „Sie sollten sich generell mit dem Thema der hohen Energiekosten auseinandersetzen.“ Und nicht zuletzt: Mit Energie sorgsam umzugehen, sei immer noch eine der besten Lösungen, die Kosten niedrig zu halten.
2. Schwarze Schafe im Handwerk
Wenig Einsicht. Streitigkeiten mit Installateuren und Mechanikern machen den Großteil der Fälle im Handwerkssektor aus, sagt Simon Eder von der Verbraucherschlichtung Austria. Gestritten wird meist über hohe Rechnungsbeträge und die Ausführung der Dienstleistung. „Ein generelles Problem scheint im Handwerkssektor die Tätigkeit von unseriösen Unternehmen zu sein, die teilweise ohne Gewerbeberechtigung tätig sein dürfen und für mangelhafte Leistungen überhöhte Preise verlangen“, sagt Eder. Und meint damit die vom VKI angesprochenen Installations- und Schlüsseldienstunternehmen.
„Eine Schlichtung ist hier mangels Teilnahmebereitschaft meistens nicht möglich“, sagt Eder. Die Lösungsfindung sei im Handwerkssektor im Vergleich zu anderen Branchen wesentlich schwieriger, die Teilnahme- und Einigungsquote liege deutlich unter dem Durchschnitt.
„Verträge sollten nicht nur mündlich abgeschlossen werden. Dies ist in vielen Fällen Auslöser späterer Konflikte, da die eine Seite behauptet, etwas vereinbart zu haben, was die andere Seite vehement bestreitet“, rät Eder. Im Vorfeld einer Beauftragung solle abgeklärt werden, welche Arbeiten im Rahmen der Tätigkeit verrichtet werden und was diese kosten sollen. Vor allem in Notsituationen solle man zuerst recherchieren, bevor man den erstbesten Handwerker, der in einer Suchmaschine angezeigt wird, zu sich bestellt. Besser sei es, sich bei Bekannten zu erkundigen, ob diese einen zuverlässigen Handwerker kennen. Sollte es trotzdem zu Problemen kommen, kann man über www.verbraucherschlichtung.at einen kostenlosen Schlichtungsantrag stellen. Etwa die Hälfte der Fälle kann gelöst werden.
3. Gestrandet am Flughafen
Seit Jahresbeginn verzeichnet die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) deutlich mehr Anfragen im Bereich Flug als im Vergleichszeitraum in den Vorjahren. Die Annullierung ist der häufigste Beschwerdegrund, sagt Georg Loderbauer von der apf. In den Pandemiejahren 2020 und 2021 seien sogar knapp drei Viertel der Verfahren aus diesem Grund geführt worden. „Verspätungen nehmen ebenfalls einen prominenten Platz unter den Verfahrensgründen ein“, sagt Loderbauer. Die Nichtbeförderung durch Überbuchung, Herabstufung sowie Verfahren bezüglich Personen mit eingeschränkter Mobilität ärgern ebenfalls.
„Wird ein Flug gestrichen, sind Fluglinien verpflichtet, Passagiere zwischen Erstattung der Flugticketkosten, alternativer Beförderung oder Rückflug zum Ausgangsflughafen wählen zu lassen“, erklärt Loderbauer. Falls die Airline trotz Nachfrage keine Alternative anbietet, muss sie die entstandenen Mehrkosten erstatten.
Unregelmäßigkeiten sollten dokumentiert werden, etwa durch Fotos von den Anzeigetafeln oder Bestätigungen des Bodenpersonals. „Außerdem empfehlen wir, die Buchung direkt bei den Airlines vorzunehmen, um Folgeprobleme mit Online-Buchungsplattformen zu vermeiden“, sagt Loderbauer.
4. Verloren im Klausel-Dschungel
Probleme mit Versicherungen und Banken betreffen vor allem Kontokündigungen seitens der Bank, Fragen zu Klauseln, Geschäftsbedingungen und Internetbanking sowie hohe Spesen, sagt Christian Prantner von der AK Wien. Und, last but not least, sehr viele Betrugsfälle mittels Phishing (siehe unten) – „die neue Pest im Zahlungsverkehr mit gewaltigen Schadenssummen von zum Beispiel 22.000 Euro, die vom Konto abgezockt werden“, sagt der Experte.
Aber auch Fragen zu Verzugskosten, hohe Zinsen bei Konsumkrediten, hohe Spesen bei Bankdienstleistungen sowie Probleme bei Schadensversicherungen quälen die Kunden, sagt Prantner. Damit sind vor allem Deckungsablehnungen in Schadensfällen bei Haushalts-, Eigenheim-, Rechtsschutz- oder Elektrogeräteversicherungen gemeint. „Die AK beratet nicht nur, sondern interveniert auch bei Banken und Versicherungen und hat in den vergangenen Jahren zigtausende Euro für die Kunden zurückgeholt“, sagt Prantner.
Er warnt vor dubiosen Anbietern, vor allem bei der Veranlagung in Kryptowährungen. „Nichts unterschreiben, was man nicht versteht. Digital ist zwar bequem, aber Cyberbetrug ist zu einer Plage geworden“, sagt Prantner. Und: Nicht alle Anwendungen aufs Handy laden, sondern die Apps auf Standrechner und Handy verteilen.
5. Stress mit dem Elektrogerät
Die Gewährleistungsfrist der Waschmaschine ist abgelaufen und wenige Tage danach ist das Gerät im Eimer? Wer kennt nicht solche Fälle, oder hat zumindest davon gehört und Zweifel, ob es hier mit rechten Dingen zugeht? Auch weniger dramatische Fälle sorgen bei den Konsumenten für Ärger.
Oft stößt es bei den Kunden auf Unverständnis, wenn bei Produktbeschwerden kein sofortiger Austausch, sondern zuerst eine Prüfung der Mängel erfolgt, ob auch tatsächlich ein Gewährleistungsfall vorliegt, berichtet Barbara Humer vom Bundesgremium des Elektro- und Einrichtungsfachhandels in der WKO. Auch führe nicht jeder vom Kunden wahrgenommene Mangel zum erwarteten Austausch des Produkts, da zum Beispiel Abnutzung keinen Gewährleistungsfall darstelle.
„Sollte ein Produkt einen Mangel aufweisen, empfehlen wir den Konsumenten, dem Händler das Problem möglichst klar zu kommunizieren und diesem alle benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen“, sagt Humer. Dazu zählen unter anderem Mangelbeschreibung, Bilder der Ware, Typenschilder oder vom Händler benötigte Unterlagen wie Rechnungsbelege. „So kann der Ablauf schneller in die Wege geleitet und rascher eine Lösung gefunden werden“, sagt Humer.
6. Die Tücken des Digitalen
„Betrugsversuche durch Phishing treten zumeist in Wellen, teils über SMS, teils über E-Mail auf“, sagt Daniel Konrad vom Portal onlinesicherheit.gv.at, das im Finanzministerium angesiedelt ist. „Wir bekommen am meisten Anfragen bei gefälschten Nachrichten im Namen des Finanzamts und der Polizei“, sagt Konrad. Aber auch Paketdienste und Banken seien häufig dabei. Phishing könne leider technisch nicht verhindert werden, da Absender von E-Mails und SMS sehr leicht gefälscht werden könnten. Die Filter von E-Mail-Programmen könnten zwar einige, aber nicht alle Phishing-Nachrichten erkennen und herausfiltern.
„Deshalb ist die wichtigste Maßnahme Bewusstsein zu schaffen“, sagt Konrad. Und zwar bei Kunden, aber auch bei Institutionen wie Finanzämtern, Banken etc. Diese sollen Kunden nie dazu auffordern, per E-Mail, SMS oder Telefon Zugangsdaten oder andere vertrauliche Daten preiszugeben.
Ganz egal welche Situation besteht, Konsumenten müssen den Aufbau einer Stresssituation vermeiden und sich nicht unter Druck setzen lassen, sagt Konrad. Unbestellte Benachrichtigungen sollte man ignorieren oder diese detailliert und besonders kritisch prüfen, bevor man handelt. „Wenn etwas zu schön ist um wahr zu sein, dann ist das meistens auch der Fall. Zuerst denken, dann klicken“, sagt Konrad.
Grundsätzlich sollte jegliche Eingabe oder Übertragung sensibler Daten über das Internet kritisch gesehen werden. Konsumenten sollen den Grund und Sinn, sowie die Absicherung der Übertragung prüfen. Auf watchlist-internet.at können sich Konsumenten über aktuelle Phishing-Wellen informieren.
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