Deutsche Wirtschaft brach um 2,2 Prozent ein

Deutsche Wirtschaft brach um 2,2 Prozent ein
Das BIP ging im ersten Quartal um 2,2 Prozent zurück, das zweite dürfte noch schlechter werden.

Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal wegen der Coronapandemie so stark eingebrochen wie seit der Finanzkrise nicht mehr und in eine Rezession gerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel von Jänner bis März um 2,2 Prozent zum Vorquartal.

"Das war der stärkste Rückgang seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und der zweitstärkste Rückgang seit der deutschen Vereinigung", teilte das Statistische Bundesamt am Freitag in einer ersten Schätzung mit. Exporte, privater Konsum und Investitionen gingen jeweils spürbar zurück. "Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie haben eine Rezession ausgelöst", erklärte das deutsche Wirtschaftsministerium.

Im Schlussquartal 2019 ging die Wirtschaftsleistung nach neuer Berechnung des Statistikamts gegenüber dem Vorquartal um 0,1 Prozent zurück. Sinkt die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer "technischen Rezession".

Rezession in Europa

Ökonomen hatten ebenfalls ein Minus von 2,2 Prozent erwartet. Im Vergleich zu anderen großen Euroländern fällt der Rückgang gering aus: Frankreich als die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone stürzte um 5,8 Prozent ab, die Nummer drei Italien um 4,7 Prozent. In Österreich schrumpfte das BIP laut Wifo-Schnellschätzung von Ende April im Zeitraum m Jänner bis März im Vergleich zum Vorquartal real um 2,5 Prozent.

Im Jänner und Februar zeigten in Deutschland viele Indikatoren noch eine deutliche Belebung an. Das hat sich mit den im März beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus schlagartig verändert: Geschäfte, Hotels und Restaurants mussten schließen, Fabriken machten dicht, Veranstaltungen wurden abgesagt. "Wenn ein halber Monat ausreicht, eine derart gute wirtschaftliche Entwicklung in den ersten beiden Monaten zu pulverisieren, dann kann man sich ohne viel Fantasie ausmalen, wie schlimm das zweite Quartal werden wird", sagte DekaBank-Experte Andreas Scheuere. "Die blutige Nase holen wir uns noch."

Talsohle im zweiten Quartal

Der Abwärtstrend werde sich im Frühjahr "zunächst noch verstärken", erwartet auch das Wirtschaftsministerium. Die Commerzbank rechnet mit einem Minus von mehr als 11 Prozent, während die Deutsche Bank sogar einen Einbruch von 14 Prozent zum Vorquartal voraussagt. Die deutsche Regierung erwartet deshalb heuer die schwerste Rezession der Nachkriegszeit: Das Bruttoinlandsprodukt soll um 6,3 Prozent einbrechen.

"Der Tiefpunkt der Krise dürfte mit dem April jetzt zwar hinter uns liegen, der Anstieg wird sich aber nur allmählich vollziehen, und von Normalität kann noch für längere Zeit keine Rede sein", erläuterte jüngst Stefan Kooths, Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Ökonomen der staatlichen Förderbank KfW sagen der deutschen Wirtschaft "einen langen Weg aus dem Coronatal" voraus.

Die Angst vor Kurzarbeit oder gar Arbeitsplatzverlust dämpft die Stimmung der Verbraucher. Das Konsumklima sank nach Angaben der Marktforscher der Nürnberger GfK auf einen historischen Tiefstand. Die Coronapandemie könnte die Kauflaune der Menschen noch längere Zeit beeinträchtigen: Jeder Dritte glaubt einer GfK-Befragung zufolge, dass sich seine finanzielle Situation in den nächsten zwölf Monaten verschlechtern wird.

In der Vergangenheit hatte vor allem die Kauflaune der Verbraucher Europas größte Volkswirtschaft am Laufen gehalten. Der deutsche Export hatte bereits 2019, belastet von internationalen Handelskonflikten und der Abkühlung der Weltkonjunktur, an Tempo verloren.

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