Deutsche Pkw-Maut: Österreichische Fahrer laut ÖAMTC "besonders betroffen"

Österreich sieht in der deutschen Pkw-Maut die Diskriminierung von EU-Ausländern.
Österreich müsse klagen, wenn ausländische Autofahrer trotz Kompromisses benachteiligt werden sollten. Leichtfried äußert Verdacht, die EU könnte sich womöglich auf einen "Kuhhandel" einlassen.

Im Streit über die geplante Pkw-Maut in Deutschland gibt es eine überraschende Wende. Das deutsche Verkehrsministerium und die EU-Kommission haben sich in ihren Verhandlungen offenbar so weit angenähert, dass die Abgabe doch noch eingeführt werden kann.

In den nächsten Wochen will die EU-Kommission einen Kompromiss bezogen auf die von Deutschland geplante Pkw-Maut finden. Auch wenn ausländische Autofahrer nicht mehr im Vergleich zu deutschen diskriminiert werden sollten, sorgt sich der ÖAMTC, "dass österreichische Autofahrer besonders stark betroffen" sein könnten, wie der Autofahrerclub am Freitag in einer Aussendung festhielt.

Positiv sieht der ÖAMTC die heutige Ankündigung von Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ), den finalen Kompromissvorschlag genau zu prüfen. Sollte dabei ein Verdacht entstehen, dass die Diskriminierung ausländischer Autofahrer trotz eines Kompromisses zwischen EU-Kommission und Deutschland weiter besteht, müsse Österreich, wie in der Vergangenheit wiederholt angekündigt, beim Europäischen Gerichtshof Klage einbringen.

Deutsche Pkw-Maut: Österreichische Fahrer laut ÖAMTC "besonders betroffen"
Weniger gelassen sieht Jörg Leichtfried den Investorenschutz.
Leichtfried hatte den Verdacht geäußert, die EU könnte sich womöglich auf einen "Kuhhandel" einlassen. Es dürfe zu keiner Ungleichbehandlung zwischen deutschen und ausländischen Verkehrsteilnehmern kommen. "Wenn Österreicherinnen und Österreicher benachteiligt werden, behalten wir uns weitere Schritte vor", betonte der Minister. Die Regierung hatte bereits in den vergangenen Jahren angekündigt, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, sollte es zu der Maut kommen.

Die möglichen Neuerungen:

- Die Maut gilt auf Autobahnen und Bundesstraßen.

- Die Höhe der Maut richtet sich nach dem Alter des Fahrzeugs. Der Preis wird ebenso nach Umweltfreundlichkeit und dem Hubraum, der Motorgröße, berechnet.

- Die deutschen Autofahrer müssen eine Jahresvignette kaufen, zahlen dafür aber maximal 130 Euro im Jahr. Sie erhalten die Vignette mit dem Bescheid über die Mautgebühr per Post. Inländer sollen im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet werden - und zwar auf den Cent genau in Höhe der Maut.

- Pkw-Fahrer aus dem Ausland können im Internet und an Tankstellen eine Jahresmaut nach Fahrzeugeigenschaften zahlen. Daneben soll es für sie eine 10-Tage-Maut geben, nach Informationen der Bild-Zeitung für 5 bis 15 Euro - laut Welt möglicherweise schon ab 2,50 Euro -, und eine 2-Monats-Maut, laut Bild für 16 bis 22 Euro.

- Bei der geplanten 1:1-Erstattung für Inländer wird nun diskutiert, dass Besitzer besonders umweltfreundlicher Autos sogar etwas mehr herausbekommen könnten, als sie Maut zahlen. Das könnte als Umweltförderung deklariert werden und damit ein Stück weiter von einer direkten Maut-Kompensation wegrücken.

- Wann die Maut kommen soll, ist noch unklar. Das deutsche Parlament müsste einer abschließenden Einigung mit Brüssel noch zustimmen.

Möglicher Maut-Starttermin nach Wahl 2017

Deutschlands Verkehrsminister Alexander Dobrindt rechnet mit einer möglichen Einführung der Pkw-Maut erst nach der Parlamentswahl 2017. "Der Starttermin wird in der nächsten Wahlperiode liegen", sagte er am Freitag vor dem Beginn des CSU-Parteitags in München (Bayern).

Deutsche Pkw-Maut: Österreichische Fahrer laut ÖAMTC "besonders betroffen"
German Transport Minister Alexander Dobrindt
Grund sei, dass im Fall der angestrebten Einigung mit der EU-Kommission die nötigen weiteren Vorbereitungen "einige Monate" dauern würden. So müssten mögliche Änderungen der Maut-Gesetze mit dem Bundestag diskutiert werden. Für die vorerst gestoppte technische Umsetzung sind zudem Ausschreibungen erforderlich.Die EU-Kommission hatte am Donnerstag in Brüssel überraschend mitgeteilt, dass es bei Gesprächen "sehr weitreichende Fortschritte" gegeben habe.

Wegen der ursprünglichen Pläne hatte Brüssel noch Ende September eine Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angekündigt. Knackpunkt ist der Vorwurf aus Brüssel, das bisherige deutsche Maut-Modell benachteilige EU-Ausländer.

"Es bleibt dabei: Es gibt keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer"

Dabei stieß sich die Kommission vor allem an einem zentralen Aspekt. So sollen sowohl In- als auch Ausländer Maut zahlen müssen, doch nur Inländer würden im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet - und zwar auf den Cent genau in Höhe der Maut. Dobrindt betonte: "Es bleibt dabei: Es gibt keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer." Mit der EU-Kommission werde über eine stärkere "ökologische Komponente" der Maut und Veränderungen bei den Kurzzeittarifen für Fahrer aus dem Ausland nachgedacht.

Er sei zuversichtlich, dass noch in diesem Monat ein Kompromiss mit Brüssel abgeschlossen werden könne, "der im Rahmen des Koalitionsvertrages ist und somit auch von allen akzeptiert werden kann".

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ABD0096_20150508 - ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Verkehrsschild mit dem Hinweis auf die gebührenpflichtige Nutzung für alle Fahrzeuge (Mautpflicht) des ersten privatfinanzierten Verkehrsprojektes Deutschlands, dem Warnowtunnel in Rostock, aufgenommen am 02.06.2004 in Rostock. Foto: Bernd Wüstneck/dpa (zu dpa "Pkw-Maut kann kommen - Bundesrat lässt Gesetz passieren" vom 08.05.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Merkel lobt Fortschritt

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat die angepeilte Einigung zwischen Verkehrsminister Alexander Dobrindt und der EU-Kommission bei der Pkw-Maut gelobt. "Ich kann Ihnen sagen, dass die Bundeskanzlerin sehr begrüßt, dass Minister Dobrindt mit der Europäischen Kommission eine außergerichtliche Lösung verfolgt", sagte ihr Sprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Es müsse aber dabei bleiben, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei: Kein Halter von in Deutschland zugelassenen Autos dürfe stärker belastet werden.

Vignette für eine pauschale Straßennutzung:

ÖSTERREICH - Für Autobahnen und Schnellstraßen ist eine Vignette nötig. Sie kostet für 10 Tage 8,80 Euro, für ein Jahr 85,70 Euro.

SCHWEIZ - Autofahrer brauchen für die Benutzung der sogenannten Nationalstraßen, zu denen auch die Autobahnen gehören, eine Vignette. Sie gilt ein Jahr und kostet 40 Schweizer Franken (37 Euro).

SLOWENIEN - Kroatien-Urlauber fahren meist durch Slowenien. Für Autobahnen und Schnellstraßen brauchen sie eine Vignette, die 15 Euro pro Woche kostet.

Streckenabhängige Maut:

POLEN - Die Autobahnen A1, A2 und A4 sind streckenweise gebührenpflichtig.

KROATIEN - Auf fast allen Autobahnabschnitten wird eine streckenabhängige Maut fällig.

FRANKREICH - Urlauber müssen auf fast allen Autobahnen zahlen. Die Gebühr hängt auch von der gefahrenen Distanz ab.

ITALIEN/SPANIEN - Bei der Auffahrt auf die Autobahn bekommen Fahrer in der Regel ein Ticket, das sie beim Verlassen je nach Distanz bezahlen.

PORTUGAL - Die meisten Autobahnen kosten. Die Bezahlung erfolgt je nach Strecke an Mautstationen oder elektronisch.

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ABD0145_20150325 - ILLUSTRATION - Verschiedene Euro-Banknoten werden am 25.03.2015 an einer Autobahnauffahrt bei Nesselwang (Bayern) vor ein Hinweisschild gehalten. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa (zu: "Bundestag soll Pkw-Maut am Freitag beschlie§en" vom 25.03.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++

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