Deutsche Bahn prüft massive Einsparungen: Bis zu 8400 Stellen in Gefahr

Güterverkehr
Möglicher Personalabbau bei Bahn-Tochter DB Cargo. Sie steckt tief in den roten Zahlen. 2022 hat sie einen Verlust von 655 Millionen Euro gemacht.

Im Vorstand der Deutschen Bahn will DB Cargo -Chefin Sigrid Nikutta Berichten zufolge bis Oktober einen Rettungsplan für die kriselnde Zugsparte vorlegen. Wie das deutsche Handelsblatt berichtete, erwägt die Güterbahnchefin einen fast vollständigen Ausstieg aus dem Einzelwagenverkehr - In Deutschland können Transportkunden Güterwaggons einzeln mieten. Damit könnte aber bald Schluss sein.

➤ Mehr lesen: Bahn: Ab Sonntag ist am Deutschen Eck Geduld gefragt

Die Bahn-Tochter DB Cargo steckt tief in den roten Zahlen. Allein 2022 hat sie einen Verlust von 655 Millionen Euro gemacht. Zwar soll sich das Minus in diesem Jahr "nur" noch auf rund 255 Millionen Euro belaufen, würde jedoch trotzdem nicht ausreichen, um wie geplant 2024 wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Rettung soll ein Mix aus Einsparungen, Hilfen aus dem deutschen Bundeshaushalt und besserer Auslastung sein.

Ob diese jedoch ausreichen, ist derzeit unklar. Laut Europa-Betriebsratschef Jörg Hensel gebe es daher einen Plan B. Dieser besagt, dass bis zu 8400 von insgesamt 30.000 Mitarbeitern ihren Job verlieren, wenn die Bahn das teure Geschäft mit einzelnen Waggons reduziert oder aufgibt.

"Der Plan B sieht vor, dass von den derzeit rund 1000 Güterverkehrsstellen nur noch 100 übrig bleiben werden", so Hensel gegenüber des Handelsblatt. Auch bei Zugbildungsanlagen – Rangierstationen, die Einzelwagen zu kompletten Zügen zusammenstellen – drohe das Aus. Von den 144 Stationen sollen lediglich zehn übrig bleiben. "Dem Papier zufolge werden künftig nur noch Kunden aus der Stahl-, Auto- und der chemischen Industrie akzeptiert", sagt Hensel. "Andere würden dann nicht mehr bedient."

Kritik vom Bundesverband der Deutschen Industrie

Kritik am Plan B kommt seitens des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). So sei der Einzelwagenverkehr das "Rückgrat vieler deutscher Schlüsselindustrien" und "Alleinstellungsmerkmal unseres Industriestandorts".

Besonders für den Container- und Gefahrguttransport spiele das Geschäft mit einzelnen Waggons immer noch eine große Rolle – auch weil im Vergleich zum Lastwagen größere Mengen an CO₂ in der Logistik eingespart werden würden.

Zugleich gilt er als aufwendig und teuer, weshalb die meisten Wettbewerber der DB nur noch ganze Züge anbieten.

"Ein Himmelfahrtskommando"

Als "Himmelfahrtskommando" bezeichnet Konzernbetriebsratschef Jens Schwarz das Ziel der DB-Tochter, bereits im kommenden Jahr eine schwarze Null zu schreiben. Ein solcher Turnaround sei in derart kurzer Zeit nicht zu schaffen. Ähnliches zeichnet sich auch in den Zahlen ab: So sind laut Handelsblattinformationen bereits im ersten Halbjahr Verluste von 188 Millionen Euro eingefahren worden. Gründe seien u.a. zahlreiche Baustellen rund um die Osterzeit, Warnstreiks der Bahngewerkschaft EVG, rezessionsbedingte Auftragseinbrüche und der sinkende Dieselpreis für die konkurrierenden Lkws.

Druck seitens der EU

Druck zu schwarzen Zahlen kommt vor allem aus Brüssel, wo die EU-Kommission gegen Deutschland ein Beihilfeverfahren eingeleitet hat. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager missfällt, dass Berlin seit zehn Jahren die Verluste im DB-Güterverkehr mit Subventionen ausgleicht. Zudem wird geprüft, inwieweit die DB-Cargo vergünstigte Dienstleistungen des DB-Konzerns bzw. konzerninterne Darlehen in Anspruch nimmt.

Falls die EU-Kommission zu dem Schluss kommt, dass dem so sei, drohen laut Deutsche Verkehrs-Zeitung (DVZ) Rückzahlungsforderungen in Milliardenhöhe.

Kommentare