Der Diesel-Motor stirbt einen langsamen Tod

Jetzt plötzlich pfui: Der Porsche Cayenne Diesel.
PR-Gag oder ernsthaftes Umdenken? Der angekündigte Porsche-Ausstieg aus Diesel-Motoren hat wenig Signalwirkung.

Die Autokäufer wenden sich - langsam, aber sicher - vom Dieselmotor ab. Die Zahl der Neuzulassungen spricht eine klare Sprache, der Selbstzünder hat seine besten Tage hinter sich. Lag der Anteil europaweit im Jahr 2011 noch bei 55 Prozent, so ist er seither sukzessive gefallen. Im abgelaufenen Jahr waren nur noch 44 Prozent der neu zugelassenen Pkw Autos mit dem charakteristischen Nagelgeräusch. Tendenz weiter fallend.

Das hat mehrere Gründe - und nicht alle hängen mit dem Dieselskandal zusammen. Denn auch der über die Jahre hinweg deutlich gesunkene Treibstoffverbrauch bei Benzinern sorgt dafür, dass die Kalkulation (höherer Anschaffungspreis, dafür längere Lebensdauer und geringere Tankkosten) nicht mehr so klar zugunsten der Dieselfahrzeuge ausfällt.

Obendrein kommt die Verunsicherung über die von Deutschland ausgehende Debatte für partielle Dieselfahrverbote in den (Innen-)Städten dazu sowie der Ärger über die langjährige Schwindelei mit den Stickoxid-Abgaswerten.

Die mit vielen Schlagzeilen begleitenden Ankündigungen einiger Hersteller, aus dem Dieselaggregat aussteigen zu wollen, sind hingegen eher in die Kategorie Schall und Rauch einzuordnen. Porsche-Chef Oliver Blume hatte bereits im Juli 2017 über einen Diesel-Ausstieg "nachgedacht". Nun bekräftigte er in einem Interview, dass es von Porsche künftig keine Diesel-Modelle mehr geben würde, weil man sich auf "emotionale, leistungsstarke Benziner, Hybride und ab 2019 auch reine Elektrofahrzeuge" konzentrieren wolle.

Keine Zeitenwende

Das ist allerdings nicht jenes Signal für eine Zeitenwende, das Viele gerne darin sehen würden. Denn Diesel hatte für Porsche schon bisher keine große Rolle gespielt: Der Sportwagenbauer hatte diese nie selbst entwickelt, mit nur 12 Prozent spielt die Antriebsvariante eine sehr untergeordnete Rolle in der Porsche-Welt. Und schon seit einiger Zeit gab es keine neuen Diesel-Motorisierungen für die Porsche-Baureihen mehr. Somit tut man sich leicht damit, künftig auf den Markenkern  - laut Blume "stark auf Leistung und Effizienz getrimmt" - zu fokussieren. Der Diesel passt da ohnehin nicht allzu gut hinein. Oder anders gesagt: Sparsamkeit ist für Porsche-Kunden nicht der allererste Kaufanreiz.

Es kommt nicht von ungefähr, dass mit Volvo nur ein weiterer Anbieter mit überschaubaren Verkaufszahlen den Diesel-Ausstieg angekündigt hat. Volvo-Chef Hakan Samuelsson hatte unter anderem steigende Kosten dafür ins Treffen geführt, keine neue Generation von Diesel-Motoren mehr zu entwickeln. Wobei das Wörtchen "neue" die entscheidende Rolle spielte: Eine Überarbeitung der bestehenden Motoren werde bis mindestens zum Jahr 2023 erfolgen, hieß es später aus der Entwicklungsabteilung der Schweden, die mittlerweile im Besitz des chinesischen Geely-Konzerns sind. Beim Modell XC 60, dessen Erfolg auf den Selbstzünder-Antrieben gründet, wäre ein sofortiger Rückzug schmerzhaft gewesen. Und bei der Mittelklasse-Limousine S60 fiel der Verzicht ohnehin nicht schwer: Das Modell zielt auf die USA und China ab, wo der Diesel keine große Rolle spielt.

Ähnlich verhält es sich mit der Ankündigung von Toyota von Frühjahr 2018, keine neuen Diesel-Pkw mehr anbieten zu wollen. Der japanische Hybridtechnologie-Pionier kam zuletzt ebenfalls nur auf einen Dieselanteil von rund zehn Prozent. Und dort, wo der Antrieb schwerer zu ersetzen ist - nämlich bei Nutzfahrzeugen wie dem Landcruiser - hält Toyota vorerst weiter daran fest.

Kalkulation durchkreuzt

Ein erstes Fazit lautet also: Einen konkreten Diesel-Ausstieg haben bisher nur jene Autobauer angekündigt, in deren Angebotspalette diese Motorisierung ohnehin keine große Rolle spielte.

Für das Gros der Autohersteller wäre ein Ausstieg allerdings viel schwieriger zu realisieren. Der Grund: Sie haben jetzt schon genügend Probleme, die nach 2021 noch niedrigeren Grenzwerte für das Klimagas CO2 in der EU einzuhalten. Weil die Verbrauchswerte über die gesamte Flotte gerechnet werden, hatten viele langfristig darauf gebaut, dass der Diesel eine starke Stütze in den Verkaufsstatistiken bleibt - neben der unsicheren Absatzzukunft der Elektroautos. Die Sprit sparenden Dieselfahrzeuge schneiden nämlich beim CO2-Ausstoß günstiger ab als vergleichbare Benziner.

Der Dieselskandal und die seither rückläufigen Verkaufszahlen haben den Firmenbossen seither aber einen Strich durch die Kalkulation gemacht. Einen wirklichen Plan B gibt es nicht, außer dass Sie nun noch rascher als ursprünglich geplant auf neue Elektroantriebe und Hybride setzen müssen. Oder hohe Strafzahlungen riskieren. Ein überstürzter Diesel-Ausstieg würde diese Sorgenfalten noch vertiefen.

Ein wenig verhält es sich mit dem Diesel also wie mit Ölheizungen: Große Zukunft würde der Technologie heute wohl niemand vorhersagen, im Moment sprechen aber immer noch gute Gründe für eine Anschaffung. Und damit bleiben die Motoren auch noch in der Angebotspalette. Sofern nicht die Politik oder Gesetze die Fahrzeuge lahmlegen und ein abruptes Ende bewirken, wird es somit eher ein langsames Dahinscheiden für die Selbstzünder werden.

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