Das Sterben ist längst kein todsicheres Geschäft mehr

Das Sterben ist längst kein todsicheres Geschäft mehr
Neue Online-Portale und Neuheiten wie Bio-Fair-Trade-Korbsärge wollen den Markt aufmischen.

Marijan Martinovic ist 32 und war, als er im Vorjahr sein Unternehmen Memoria eröffnet hat, der jüngste Bestattungsmeister Österreichs. Bekannt ist er aber mehr durch seine Bio-Fair-Trade-Korbsärge aus Bananenblättern und wilder Ananas geworden, die ihm gleich am Beginn der Selbstständigkeit Anzeigen eingebracht haben. Ein kleines Einstandsgeschenk der Konkurrenz.

Denn ein Mitbewerber hatte bezweifelt, dass die Korbsärge in Sachen Hygiene, Stabilität und Dichte den Anforderungen gerecht werden. Er erstattete Anzeige. Umfassende Prüfungen waren die Folge. Unter anderem wurde getestet, ob ein 92 Kilo schwerer Mann in den Bananenstaudenkorb durch die Gegend getragen werden kann und wie lang es dauert, bis der geflochtene Sarg in der Erde verrottet. Kurzum: In einem 15-seitigen Gutachten wurden alle Ergebnisse zusammengetragen und letztlich wurde das Okay für den Öko-Sarg gegeben.

Gesunde Portion Naivität

Martinovic amüsiert sich heute über die Aufregung. Er sei „mit einer gesunden Portion Naivität und Realitätsfremdheit“ vom Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit gewechselt. Das Sterben sei längst kein todsicheres Geschäft mehr. Allein in Wien werden jedes Jahr 10.000 Gräber aufgelassen, die Steinmetze wettern, dass immer mehr Menschen ihre Asche verstreuen lassen, statt einen Grabstein zu kaufen und in der Bestatterbranche geht es ohnehin alles andere als friedlich zu.

Das Gewerbe ist erst 2002 liberalisiert worden, seitdem ist die Zahl der Bestattungsunternehmen landesweit auf zuletzt 541 gestiegen.

In Wien hat sich die Zahl der Bestatter binnen fünf Jahren auf 26 verdoppelt, in den Bundesländern ist deutlich weniger Dynamik im Markt. Was überall – übrigens auch jenseits der österreichischen Landesgrenzen – gleich ist: Alteingesessene Betriebe versuchen gerne, ihre Marktmacht aufrecht zu erhalten, moniert die Bundeswettbewerbsbehörde.

„Exzessive Preise“

Laut ihrer Studie fordern alteingesessene Betriebe von neuen Mitbewerbern teils „exzessive Preise“, wenn sie deren Aufbahrungshallen mieten wollen. Dadurch seien auch Angehörige über Gebühr zur Kasse gebeten worden. Was Wettbewerbshüter besonders ärgert, ist die mangelnde Preistransparenz in der Branche. Nach wie vor verrät kaum ein Unternehmen seine Preise auf der Webseite.

Hier setzen neue Online-Anbieter wie benu.at an. Seit gut einem Jahr kann man auf der Plattform per Mausklick eine Beerdigung organisieren, mittlerweile in ganz Österreich. „Wir haben ein gutes Jahr hinter uns, haben mittlerweile 30 Bestattungen im Monat“, sagt Benu-Gründer Alexander Burtscher. Acht von zehn seiner Kunden würden aus Ballungszentren kommen. Da Familien heute oft weit verstreut wohnen, würde die Online-Organisation von Begräbnissen an Bedeutung gewinnen.

Das Sterben ist längst kein todsicheres Geschäft mehr

Bestatter Kristina und Marijan Martinovic setzen auf Wohnzimmeratmosphäre im Beratungsgespräch

Benu ist ein Bestatter ohne Särge, Blumenschmuck und Leichenwagen. Für das operative Geschäft sind Partner zuständig, mittlerweile 20 in Österreich. Sie kommen über Benu zu neuen Aufträgen und können so ihre Auslastung verbessern. Klingt gut, ist in der Branche aber umstritten: „Natürlich bekommt der den Auftrag, der günstig anbietet“, sagt ein Branchenkenner. Nachsatz: „Dass das Portal automatisch der billigste Anbieter ist, stimmt auch nicht. Er muss ja schließlich auch noch Provision zahlen.“

Aber woran verdienen die Bestatter eigentlich am meisten? Unterschiedlich, sagen Insider. Entweder sie verkaufen die Särge mit Aufschlägen von 500 Prozent und verlangen dafür so gut wie nichts für Trauerreden oder umgekehrt. Die unterschiedlichen Strategien machen Preisvergleiche für Kunden schwierig.

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