Höhepunkt des Jahres. Floristen atmeten auf, als der Lockdown kurz vor dem 14. Februar endete. Zwei Spielverderber könnten das Geschäft aber zunichtemachen
Der Valentinstag ist für Blumenhändler der wichtigste Tag im Jahr. Heuer wird er allerdings zu einer Zitterpartie. Die Geschäfte dürfen zwar seit vergangenem Montag wieder aufsperren, dennoch könnte es zwei große Spielverderber geben: das Wetter und die 20-Quadratmeter-Regel. Letztere besagt, dass jedes Geschäft pro Kunde 20 Quadratmeter zur Verfügung stellen muss.
„Da viele der Betriebe klein sind, darf jetzt oft nur ein Kunde ins Geschäft“, sagt Johann Obendrauf, Berufszweigsprecher der Floristen. Normalerweise befänden sich zehn bis 15 Leute in den Geschäften. Der Großteil muss heuer in der Kälte vor dem Geschäft warten. Es wird spannend, wie viele Menschen sich das antun, meint Obendrauf.
Keine Blumen vor dem Geschäft
Wegen der Kälte können auch keine Blumen vor dem Geschäft präsentiert werden, wodurch sich Kunden schwerer anlocken lassen. Viele Betriebe müssen zwar am Sonntag schließen, in zahlreichen Geschäften in Spitälern, Bahnhöfen und Altenpflegeheimen lassen sich aber bis Sonntagabend Blumen beziehen. Erst dann kann endgültig Bilanz gezogen werden, ob der Valentinstag ein erfolgreicher war oder nicht.
Für die Branche ist er von immenser Bedeutung. Fünf bis zehn Prozent des Jahresumsatzes machen die Betriebe an diesem Tag. Viele haben nur zwei bis fünf Mitarbeiter, jene mit zehn bis 15 gelten bereits als größer.
Branche geht die Luft aus
Mit einer Pleitewelle rechnet Obendrauf noch nicht, aber wenn noch ein Lockdown kommen würde, könnte es für einige schwierig werden. Denn die Branche hat die Corona-Pandemie bisher wirtschaftlich stark in Mitleidenschaft gezogen. Veranstaltungen, Feste und Feiern sind für viele Betriebe von großer Bedeutung, in den vergangenen Monaten aber flachgefallen. Viele machen nur noch ein Fünftel ihres Umsatzes. Obendrauf hofft auf Nachzieheffekte. Viele Hochzeiten seien zum Beispiel von 2020 auf heuer verschoben worden.
Von 80 Prozent weniger Umsatz im jüngst zu Ende gegangenen Lockdown berichtet auch Gülsen Tatli. Ihrem Vater gehört Blumen Tatli nahe des Friedhofs Mauer in Wien Liesing. In den vergangenen drei Wochen habe der Familienbetrieb auch Click & Collect angeboten, aber das Geschäft sei tröpfelnd gelaufen. Nun setzen die Tatlis voll auf den Valentinstag. „Wir haben bis zuletzt gezittert, dass der Lockdown nicht länger dauert.“
Momentan sei es noch sehr ruhig, aber das sei in den Tagen vor Muttertag auch so gewesen. „Und an Muttertag lief es dann super.“ Auch, weil wie aktuell die Gastronomie geschlossen war und daher mehr Geld für Blumen ausgegeben worden sei. Dennoch seien weniger Rosen als bestellt verkauft worden. Trotzdem bleibt Tatli bei ihrer Einschätzung, dass Rosen an Valentinstag der Top-Seller sein werden – gefolgt von Tulpen und Frühlingskörben.
Mehr Männer kommen
Als „Katastrophe“ bezeichnet Robert Bigl die Entwicklung der vergangenen Monate. Er ist Eigentümer der größten österreichischen Blumenhandelskette B&B. „Wir verkaufen zu 100 Prozent verderbliche Ware. Was man nicht verkauft, kann man wegschmeißen.“ Mit der Zeit gehe den Unternehmen die Luft aus. Der Fixkostenzuschuss würde nur 75 Prozent der Kosten ersetzen, auf dem Rest blieben die Unternehmer sitzen. Die Kauflust der Kunden sei am heurigen Valentinstag extrem schwer einzuschätzen. Er habe jedenfalls so viele Ware wie immer eingekauft.
Das Kaufverhalten ist am Valentinstag anders als an anderen Tagen, sagt Bigl. An normalen Tagen würde sich die Kundschaft auf 70 Prozent Frauen und 30 Prozent Männer aufteilen. Am Valentinstag liege das Verhältnis bei circa 50:50. Spendabler sind die Kunden nicht. Mit 15 bis 20 Euro liegen die Ausgaben in etwa so hoch wie an normalen Tagen. Bigl stellt ein Stadt-Land-Gefälle fest. In der Stadt seien die Umsätze höher, am Land würden sich die Menschen zum Beispiel Adventkränze oft selber machen oder Blumen auf der Wiese pflücken.
Respektvoller Umgang
Für Andrea Rauch, Eigentümerin von zwei Blumengeschäften in Graz, ist es eine Freude, wieder offen haben und verkaufen zu dürfen. „Die Leute sind glücklich, wenn sie von uns eine Lieferung bekommen.“, sagt Rauch. Viele würden sich freuen, dass der Betrieb überlebt habe und Sätze wie „Gott sei Dank, dass es sie noch gibt“, sagen.
Sie findet, dass die Menschen in dieser Zeit respektvoller miteinander umgehen. „Unsere Mitarbeiter haben noch nie so viel Trinkgeld bekommen, wie jetzt“, sagt Rauch. Die Achtung und Reputation der Mitarbeiter im Blumenhandel sei vergleichbar mit jener von Spitalpersonal und Supermarktmitarbeitern. Sie hofft, dass das länger so bleibt.
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