Cororna-Krise führt zu Lehrlingsmangel
Ein katastrophales Stimmungsbild des Lehrlingsarbeitsmarktes zeichnet eine am Montag, 8. Februar 2021, präsentierte Studie der Initiative zukunft.lehre.österreich., welche vom Marktforschungsinstitut market durchgeführt wurde.
Anlass war der spürbare quantitative und qualitative Rückgang der Bewerber für Lehrstellen seit Beginn der Corona-Pandemie. „Uns fehlt das gesamte, obere Qualitätsdrittel der Bewerber. Aufgrund der Aufstiegsregelungen in den Schulen kommen immer weniger Schulabbrecher zu uns, um ihre Lehre zu beginnen“, beschreibt Gerhard Zummer, Leiter der Lehrlingsausbildung bei Siemens Österreich, die angespannte Lage am Lehrlingsmarkt.
Die repräsentative Studie, in der Betriebe, Schüler, Eltern und Lehrer befragt wurden, liefert spannende Hintergründe zu den geringen Bewerberzahlen.
„Unter Schülern, Eltern und Lehrern herrscht die Annahme, dass es zurzeit keine guten Chancen gäbe, sich erfolgreich für eine Lehrstelle zu bewerben. Das Gegenteil ist aber der Fall, denn in Österreichs Betrieben stehen kurz- und mittelfristig über 18.000 Lehrstellen frei und es wird händeringend um Lehrlinge geworben.“, erklärt Werner Steinecker, Präsident des Vereins z.l.ö. und Generaldirektor der Energie AG.
Stefan Pierer, CEO bei KTM und z.l.ö.-Vizepräsident, drückt aus, was viele in der Studie befragte Unternehmer beklagen: „Durch die Schulschließungen ist auch der Kontakt zu den Schülern verlorengegangen. Nachweislich sind aber Schnuppertage der beste Weg, sich als Unternehmen potentiellen Lehrlingen vorzustellen. Seitens Politik müssen wieder Wege geschaffen werden, jungen Leuten die Möglichkeit zum Schnuppern bieten zu können, um so in ihnen das Interesse an der dualen Ausbildungsmöglichkeit zu wecken. Die duale Ausbildung ist ein wichtiger Bestandteil zur Erhaltung der hohen Industriequote.“
Die in der Studie befragten Lehrer gaben an, dass Berufsorientierung im Heimunterricht nicht den Stellenwert genießt, der ihr gebührt. Tatjana Gertner-Schaschl, Vorsitzende der Task Force Fachkräfte und Lehre in der Industriellenvereinigung Österreich, verleiht der langjährigen Forderung der Industriellenvereinigung nochmals Nachdruck: „Jetzt rächt es sich leider, dass die Berufsorientierung entgegen Forderungen der Industrie und Wirtschaft stets als bildungspolitisches Stiefkind behandelt wurde“.
Außerdem betont sie, dass über 50 Prozent der befragten Unternehmen die spürbar sinkende Zahl an Umstiegen aus höheren Schulen in eine Lehre als Grund für die niedrigen Bewerberzahlen angeben. Dass der unhinterfragte schulische Aufstieg auch für über ein Drittel der Schüler die Ambitionen zum Start einer Lehre ausbremst, zeigt für sie eines:
„Wir brauchen dringend eine strukturierte und qualitativ hochwertige Eingangsphase in die Lehre für alle angehenden Lehrlinge. Sowohl für die Schulen als auch für die Lehre hat die derzeitige Praxis nichts als Nachteile“, ist Tatjana Gertner-Schaschl überzeugt.
Aus diesem Grund fordert die Initiative zukunft.lehre.österreich. die österreichische Bundesregierung auf, folgende Maßnahmen dringend umzusetzen:
- Bildungsminister Faßmann hat alles Notwendige zu unternehmen, dass Berufsorientierung trotz distance learning höchste Priorität im Unterricht in den (Mittelschulen und Polytechnischen) Schulen bekommt, um einen Kollaps am Lehrstellenmarkt durch ausbleibende Bewerbungen zu vermeiden.
- Aufstiegsklauseln für negative Schulabschlüsse wie im Covid-19-Jahr ziehen fatale Folgen für den Lehrlingsmarkt nach sich. Auch hier wird Bundesminister Faßmann ersucht, dafür zu sorgen, dass sich diese Situation nicht noch einmal wiederholt. In dieser Situation gibt es auf allen Seiten nur Verlierer - Schüler, Schulen, Eltern, Lehrer und Betriebe.
- Die österreichischen Betriebe suchen händeringend nach Lehrlingen. Die Bundesregierung ist gefordert, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um auf das Lehrstellen-Überangebot hinzuweisen und das Image der Lehre zu aufzuwerten.
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