Die Corona-Krise wird im Fahrradhandel und in der Fahrradindustrie eine kräftige Bremsspur hinterlassen. Wegen der geltenden Regelungen erwartet Michael Nendwich, Berufszweig-Sprecher des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich, für heuer einen Rückgang von 20 bis 30 Prozent. Und das, obwohl einige Geschäfte seit 14. April wieder offen haben dürfen.
Hochsaison
Für die starken Rückgänge gibt es mehrere Gründe. Besonders schmerzlich ist für die Branche, dass der Shutdown ausgerechnet zur Hochsaison im Fahrradhandel gekommen ist. „Die Zeit rund um Ostern ist das Weihnachten des Fahrradhandels“, sagt Nendwich. Und das wird heuer trotz des großteils schönen Wetters fast völlig ins Wasser fallen.
Von März bis Mai verkauft die Branche mit Abstand am meisten Fahrräder. „70 Prozent aller Kinderfahrräder werden zum Beispiel zu Ostern verkauft“, sagt Nendwich. Der Kauf sei anlassbezogen, das heißt, dass diese Räder nicht im Mai oder Juni nachgekauft würden, sondern in der Regel das alte Rad behalten werde. Bei vielen Händlern reduzierte sich der Umsatz in den vergangenen Wochen auf null bis zehn Prozent.
Schwacher Trost
Dass seit 14. April Geschäfte unter 400 offen haben dürfen, ist nur ein schwacher Trost. „Der Großteil, rund 80 Prozent, wird über die großen Sportartikelhändler verkauft“, erklärt Nendwich. Diese dürften nach wie vor nicht aufsperren. Damit sei der Verkauf von Fahrrädern in Österreich nicht flächendeckend gegeben. Lediglich kleine Sporthändler im urbanen Bereich mit dem Schwerpunkt Fahrrad würden starke Zuwächse spüren und sogar Mitarbeiter einstellen. Doch handle es sich dabei nur um eine Nische, die sich kaum auf den Branchenumsatz auswirke.
Für viele andere wird die Situation dagegen zunehmend existenzbedrohend. Denn nicht wenige machen zwischen März und Mai bis zu 80 Prozent ihres gesamten Jahresumsatzes, sagt Nendwich. Die Lager seien voll, da Anfang des Jahres ausgeliefert und bezahlt wurde. Vor allem wegen der teuren Elektrofahrräder stecke besonders viel gebundenes Kapital in den Lagern. Der Umsatz liege gleichzeitig bei null. „Kombiniert mit zu hohen Kosten im Warenlager ist das unternehmerisch der Tod“, sagt Nendwich.
Zurückhaltung
Er glaubt nicht, dass es zu einer baldigen Erholung kommen wird. Zum einen hätten Händler aus anderen Branchen, wie die Lebensmittelketten Spar oder Hofer, den Bedarf vieler Kunden gedeckt. Zum anderen werde die Arbeitslosigkeit stark steigen und die Konsumenten beim Kauf zurückhaltender sein – vor allem bei den teureren E-Fahrrädern. Das sei schade, da das Rad als gesundes Verkehrsmittel gerade in Zeiten des Coronavirus helfen könne, öffentliche Verkehrsmittel zu vermeiden und die Zahl der Ansteckungen zu senken.
2018 verkaufte die Branche 457.000 Räder und setzte 580 Millionen Euro um. Die Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor, dürften aber leicht darüber liegen. Für 2020 wurde mit einem Absatz von 460.000 Stück und einem Umsatz von 600 Millionen Euro gerechnet. Und dieser dürfte nun um bis zu einem Drittel schmelzen.
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