Corona-Sperren: Wirte drohen der Regierung mit Verfassungsklage

Corona-Sperren: Wirte drohen der Regierung mit Verfassungsklage
Die Existenz von Tausenden Gastronomen ist bedroht. Nun wollen sie gegen die Maßnahmen vorgehen.

Eine der Branchen, die von der Krise wirtschaftlich am härtesten getroffen wird, ist die Gastronomie – besonders die Nachtlokale. Tausende Bars und Clubs sind bis auf Weiteres geschlossen. Ob sie im Mai aufsperren dürfen, weiß niemand. Wenn, dann nur unter strengen Auflagen. „Wenn ich nur ein paar Gäste

in mein Lokal lassen darf und es einen Sicherheitsabstand geben muss, dann kann es gleich geschlossen bleiben“, sagt etwa Norbert Grünberger, Betreiber der Bar „Richy’s“ im Wiener Bermudadreieck.

Gleichheitssatz verletzt?

Mit seinen Sorgen ist der Gastronom nicht alleine. Deshalb formiert sich derzeit eine Gruppe von Wirten, die eine Verfassungsklage anstrebt. Die potenzielle Verfassungswidrigkeit sieht Mathias Dechant, Anwalt in einer Wiener Kanzlei, insbesondere in einer Verletzung des Gleichheitssatzes: Denn das Covid-19-Maßnahmengesetz der Bundesregierung hat für unterschiedliche Unternehmen ganz unterschiedliche Konsequenzen.

Grundsätzlich können Unternehmer bei Verdienstentgang Ansprüche nach dem Epidemiegesetz geltend machen. Für Gastronomen und Hoteliers gilt jedoch eine Verordnung des Sozialministers, die das Epidemiegesetz aushebelt. „Gemäß Covid-19-Maßnahmengesetz soll das Epidemiegesetz nicht zur Anwendung kommen. Außerdem treffen die Maßnahmen Betriebe je nach deren Größe wohl auch unterschiedlich hart, was im Ergebnis ebenfalls eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung bedeuten kann“, sagt Dechant.

Die Kanzlei hat bereits eine beträchtliche Anzahl an Unternehmern vereint, die dies weiterverfolgen möchten – weitere Interessenten können sich noch anschließen.

Kurzarbeit unmöglich

Problematisch ist laut den Gastronomen auch, dass es in ihrem Fall keinen Sinn mache, Menschen in Kurzarbeit zu schicken. „Das ist unmöglich. Wenn man zu hat, gibt es

überhaupt keine Arbeit“, sagt Grünberger.

Zu Wort gemeldet hat sich auch Mario Pulker, Gastro-Obmann der Wirtschaftskammer. Es müsse klargestellt werden, dass die Bundesregierung und das AMS wiedereröffnenden Gastronomiebetrieben sofort Kurzarbeit ermöglicht – und nicht erst nach einer vierwöchigen Frist. Abgesehen davon sei die geplante Einschränkung der Öffnungszeiten bis 18 Uhr unmöglich. „60.000 Betriebe brauchen eine Möglichkeit bis 23 Uhr, sonst wird das tödlich“, sagt Pulker.

„Der ,Patient Wirt‘ kann gestorben sein, bevor finanzielle Hilfe ankommt“

Es werde zu einer Marktbereinigung kommen, sagt Kommunikations- und Gastro-Experte Wolfgang Rosam. Auch wenn von Staats wegen viel Unterstützung angeboten werde, würden nicht alle Lokal-Betreiber geschäftlich bestehen bleiben. „Es wird nicht nur kleine, sondern auch große Restaurants treffen, da diese verhältnismäßig höhere Fixkosten haben“, so der Herausgeber des Wein- und Gourmetmagazins Falstaff. 

Gerade Jungunternehmer mit Schulden sind gefährdet, das sei eine „furchtbare Situation“. Eine Öffnung der Gastronomie, wenn auch schrittweise, wie im Handel, sei laut Rosam daher dringend nötig. Nach derzeitigem Stand soll das mit Mitte Mai geschehen. „Es könnten zuerst die Gastgärten öffnen und die Personenanzahl in Lokalen begrenzt werden, um den nötigen Abstand zu schaffen. Die große Angst der Politik ist die zweite Welle der Infektionen, wie sie in Singapur der Fall ist“, sagt Rosam. „Das wird uns in Europa für September prophezeit. Ich hoffe, dass es bis dahin zumindest Medikamente gegen das Coronavirus gibt.“ Doch es gebe auch positive Effekte der Krise. So setzen viele auf Lieferservice, und Themen wie Homecooking  könnten uns erhalten bleiben. Rosam: „Die Gastro-Szene ist flexibel, das wird sich vertiefen.“    

Das ganze Gespräch finden Sie auf KURIER.at/daily und am Sonntag  im Podcast zu weiteren Themen wie Reise und Krisenkommunikation der Regierung

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