Chorherr-Prozess: Das war Tag Vier

Chorherr-Prozess: Das war Tag Vier
Der vierte Tag im Korruptionsprozess wurde mit der Befragung der Angeklagten fortgesetzt: Tojner, Hemetsberger und Kerbler sowie Soravia.

Tag 4 im Korruptionsprozess gegen den früheren Grün-Politiker Christoph Chorherr und neun Unternehmer, darunter Michael Tojner, Günter Kerbler, Erwin Soravia und Rene Benko. Ihnen wird Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit bzw. Bestechung durch Spenden an einen karitativen Verein Chorherrs vorgeworfen. Die Vorwürfe werden durch die Bank vehement bestritten.

Richter Michael Tolstiuk setzte das Verfahren mit der Befragung von Michael Tojners fort. Die Fragen stellt Michael Rami, der Verteidiger des mitangeklagten Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger. Hemetsberger hat von Tojner 2008/09 eine Finanzfirma gekauft, die später in Ithuba umbenannt wurde. Das ist der Name jener karitativen Schulprojekte in Südafrika, für die Chorherr Spenden gesammelt hat. Der Staatsanwalt will noch etwas von Tojner wissen, wie Tojner und Hemetsberger zusammengekommen sind. Es war ein Zufall, sie haben sich auf einem Flug getroffen und seien so ins Gespräch gekommen. Nun befragt Anwalt Otto Dietrich, Vertreter der Montana Tech, dem Konzern von Tojner. Die Montana Tech habe weder mit Immobilienprojekten noch mit dem Heumarkt-Projekt etwas zu tun, sagt Tojner.

Jetzt wird der Angeklagte Willi Hemetsberger befragt. Er bekennt sich nicht schuldig. Er will eine Stellungnahme abgeben. "Ich möchte zu Beginn festhalten, ich habe mit Immobilienentwicklungen weder privat noch beruflich zu tun“, sagt Hemetsberger. „Mir ist der mir vorgehaltene Vorhalt unklar.“

Hemetsberger erklärt den Werdegang seiner Frau und seiner selbst. Bei einem Geburtstagfest haben Freunde fast 50.000 Euro gespendet, um beim Südafrika-Projekt Chorherrs eine Werkstätte zu bauen. Er ist mit Chorherr nach Südafrika geflogen. Er habe sich dann überlegt, wie könne er langfristig für das Projekt etwas machen. 2008 gab es die Lehman-Krise, er sei bestürmt worden. Er habe die Öffentliche Hand beraten bei der Neuausrichtung der Bundesfinanzierungsagentur, der Finanzmarktaufsicht etc. Dann kamen Finanzinstitutionen auf ihn zu. Er habe aus seinem Netzwerk Leute angeworben und er brauchte eine Firma samt Büro in Wien. Er traf Tojner auf einen Flug, Tojner erzählte ihm, dass er ein Büro in der Wiener Innenstadt habe und eine kleine Finanzfirma.

„Ich habe Tojner angeboten, ihm die Firma abzukaufen und habe sie übernommen“, sagt Hemetsberger.

Die Firma wollte auch soziale Verantwortung übernehmen. „Meine Frau war im Frühjahr 2009 in Südafrika“, sagt der Finanzmanager. Seine Frau arbeitet in der Entwicklungshilfe. Sie war von dem Projekt in Südafrika beeindruckt. „Ich bin auf die Idee gekommen, wir könnten die Finanzfirma in Ithuba umbenennen und ein Gebühr an die Schule zahlen“, sagte Hemetsberger. Für zehn Jahre sollten im Schnitt 100.000 Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden. Hemetsberger machte im Herbst 2009 eine Eröffnungsparty für die Firma, dabei wurden Bilder versteigert. Der Erlös floss dem Südafrika-Verein zu. Hemetsberger habe Chorherr dem damaligen Bank Austria-Vorstand Chernko vorgestellt. Die Bank Austria, bei der Hemetsberger früher gearbeitet hat, hat sich entschlossen, Hauptsponsor für eine zweite Schule zu werden. Rund 770.000 Euro wurden gespendet.

„Ich sitze heute nach fünf Jahren da, ich kann verteidigen, dass ich gespendet habe“, sagt Hemetsberger. „Natürlich leidet meine Firma darunter.“ Abschließend möchte er festhalten, dass Herr Chorherr habe es geschafft, dass öffentliche Stellen in Südafrika für die Schulen mitzahlen.

Herr Chorherr habe das Südafrika-Projekt so dargestellt, wie es auch Hemetsberger sieht. Von Tojner habe er 2012 die restlichen Anteile der Firma Ithuba erstanden. Tojner ist am 21. Februar 2013 als Aufsichtsrat ausgeschieden.

Die beisitzende Richterin fragt Hemetsberger. Er wusste, dass die Spenden in Südafrika ankommen, sagt Hemetsberger. Er habe auch Rene Benko auf das Projekt angesprochen. „Ich habe mit dem Heumarkt neu nichts zu tun“, sagt Hemetsberger. „Mir war das aus den Medien bekannt. Ich habe den Herrn Tojner zwei Mal im Jahr getroffen, ich glaube, wir haben über Venture Capital gesprochen.“ Das Heumarkt-Projekt habe ihn nicht interessiert.

Hemetsberger wurde immer wieder vom Verein s2arch der das Südafrika-Projekt betreute, um Spenden gefragt, wenn dem Projekt das Geld ausgegangen ist „Wenn das Geld ausgeht, sind wir da“, sagt Hemetsberger. Es wurden dem Projekt auch Darlehen gewährt, die später in Spenden umgewandelt wurden.

Eine Geschworene will wissen, ob Hemetsberger in Immobilien investiert hat. „Ich habe in Immobilien in Dresden und Leipzig investiert, in mein Ferienhaus“, sagt Hemetsberger. Er sei auch Investor in einem Haus am Hohen Markt in Wien gewesen.

Staatsanwalt fragt Hemetsberger zu Chorherr. Er wusste, dass Chorherr Grüner Gemeinderat war und, dass Maria Vassilakou Stadträtin war. „Haben Sie nie mit ihm über seine Tätigkeit im Gemeinderat besprochen“, will der Staatsanwalt wissen. Ja, er habe mit Chorherr über Radwege gesprochen. Der Verein s2arch sei für Hemetsberger eine Abwicklungsstelle für das Südafrika-Projekt gewesen.

Hemetsberger, der Jahre lang Investmentbanker bei der UniCredit Bank Austria war, schildert seine Geschäfte als Finanz-Beratungsunternehmen. Es gibt mehrere Unternehmen, an denen er laut Staatsanwalt beteiligt ist. „Die Ithuba Capital AG ist mein Hauptberuf und der Haupt-Umsatzbringer“, sagt Hemetsberger. Nur der Geschäftsplan hatte sich überholt. Die Firma habe er von Tojner übernommen und diese habe eine Zulassung der Finanzmarktaufsicht. „Die hatte ein paar gute Leute", sagt Hemetsberger. Er habe auch in Venture Capital-Investment- Projekte Tojners investiert.

„Ich habe Herrn Benko das Projekt in Südafrika empfohlen. Wir haben Herrn Benko 2011 beraten“, sagt Hemetsberger. „Er hat sich dann entschlossen, 100.000 Euro zu spenden. Wir haben in der Regel Fotos von der Schule gezeigt. Ohne Herrn Chorherr wäre das Projekt in Südafrika nicht so gut geworden.“

„Wir sind eine kleine Firma und haben ein sehr gutes Betriebsklima“, sagt Hemetsberger. „Es sind die Haifische am internationalen Finanzmarkt gekommen, und wollten beraten werden. Wir haben uns aber für die Beratung der öffentlichen Hand entschieden.“

„Ich hatte mit dem Heumarkt nichts zu tun“, sagt Hemetsberger.  Die Spenden seien auch nicht mit Tojner abgesprochen gewesen.

Hemetsbergers Anwalt Michael Rami zeigt nun Hemetsberger Fotos vor, unter anderem von Hemetsbergers 50-sten Geburtstag 2008, da wurde Hemetsberger von Chorherr ein kurzer Film über die Schule in Südafrika präsentiert. „Ich bekomme da das Flugticket und die Spende für die Holzwerkstatt“, sagt Hemetsberger. „Die Gäste haben cirka 38.000 Euro gespendet, 12.000 Euro haben ich und meine Frau gespendet.“ Größter Einzelspender sei sein Freund Steven Heinz gewesen. Es wurden von einem namhaften Fotografen weitere Bilder von dem Südafrika-Projekt gemacht. Das Projekt mit dem Fotokünstler hat Hemetsberger mit 40.000 Euro finanziert.

Im Oktober 2017 hat der Anwalt Wolfgang List eine Pressekonferenz über die angebliche Korruption bei den Wiener Grünen und Chorherr abgehalten. Ex-Banker Hemetsberger wurde dabei auch als Gründer eines großen Hedgefonds erwähnt. Hemetsberger hat List geklagt und List hat das Verfahren verloren. List hat damals auch eine Anzeige gegen die Genannten erstattet, die das anhängige Verfahren der WKStA erst ausgelöst hat.

Einer der beiden Staatsanwälte ist wieder an der Reihe. Er fragt zur Pressekonferenz von Anwalt List. „Ja, haben sie gewusst, dass etwas im Busch ist“, sagt der Staatsanwalt. Journalisten haben ihn schon Tage zuvor angerufen, sagt Hemetsberger. Er habe sich wahrscheinlich dabei mit Michael Tojner kurzgeschlossen. Der Staatsanwalt präsentiert Hemetsberger diverse Mails. „Ich habe Herrn Anwalt List auf Widerruf geklagt“, sagt Hemetsberger erneut. Ziel war auch, dass die Medien so wenig wie möglich über die falschen Vorwürfe berichten. Tojner schreibt in einem Mail, dass man zur Wiederherstellung des guten Rufs von Christoph Chorherr etwas unternehmen müsse. „Es hat mit Gespräche gegeben“, sagt Hemetsberger. Konkret könne er sich aber nicht daran erinnern.

Auch der angeklagte Immobilienentwickler Günter Kerbler bekennt sich nicht schuldig. Er schildert seinem beruflichen Werdegang. Er habe früher in einer Bank gearbeitet und sei Mitte der 1980er Jahr in das Zinshausgeschäft eingestiegen. Und habe damals schon ein kleines Vermögen besessen. 1991 wollte er die Arbeiterzeitung retten, dass hat ihm 50 Millionen Schilling gekostet. Auch den Falter habe er finanziert. 1985 ist Chorherr in seine Nachbarschaft gezogen, in den späten 1990er Jahren haben er die conwert-Immobilien AG an die Börse gebracht und Tag und Tag dafür gearbeitet. 2007 und 2008 habe er zwei Herzinfarkte gehabt und hatte eine Herzoperation. 2010/2011/2012 sei er in eine Depression geschlittert, danach sei er nur noch als Investor aufgetreten. 2014 sei Chorherr an ihn herangetreten und habe ihm von der Schule in Südafrika berichtet. Dass die Stadt Wien und die Bank Austria sponsern. Er sagte, dass Geld für Lehrergehälter benötigt werde. Kerbler habe drei Mal gespendet. Insgesamt zahlte Kerbler 100.000 Euro.

„Wann haben sie von Chorherr vom Ithuba-Projekt gehört?“, fragte der Richter. 2010 sei das gewesen, von Chorherrs Frau, die eine Schule betreibe, die Kerbler auch unterstütze. „Ich war vor Ort in Südafrika und habe mir das gemeinsam mit Chorherr angeschaut“, sagt Kerbler. Er war begeistert von dem Projekt. „Ich habe nicht daran gedacht, dass Chorherr ein Amtsträger ist“, sagt Kerbler. Mit anderen Vertretern des Vereins s2arch habe er keinen Kontakt gehabt. Er wisse heute nicht mehr, ob er die Spenden steuerlich genutzt habe.

„Die Spenden sind aus meiner privaten Tasche gekommen“, sagt Kerbler. Chorherr habe ihn als Freund gefragt, ob er das Projekt unterstützen kann. Er habe mit Chorherr über Architektur diskutiert. Über das Holzhochhaus in der Wiener Seestadt habe er mit Chorherr nicht gesprochen. „Ich habe ihn nicht gebraucht“, sagt Kerbler.

Erwin Soravia bekennt sich nicht schuldig. Ich komme aus einer Kärntner Familie und wir habe sehr früh zuhause gelernt, gewisse Pflichten zu übernehmen. Er ist stolz darauf, dass er schon frühe karitative Projekte kennenlernte wie die SOS Kinderdörfer. „Wir haben früh begonnen, soziale Unterstützung zu machen“, sagt Soravia. „Wir versuchen, die Dinge, die wir unterstützen, genau anzuschauen.“ Und dort tätig zu sein, was man persönlich kennt. Ithuba ist eines der Projekte, das die Soravia unterstützen. So werde die Organisation von Herbert Stepic unterstützt. Stepic war lange bei den Soravias im Aufsichtsrat. Er erwähnt ein weiteres Afrika-Projekt, ein Krankenhaus und Schulen in Tansania. „Wir haben Patenschaften für Kinder übernommen“, sagt Soravia.

Er habe Ithuba angesichts des Begräbnisses seines Vaters kennengelernt. Man sammelte Spenden, die schließlich an Ithuba in Südafrika flossen.

Befragung Soravia

Zum 50sten Geburtstag 2017 wollten Erwin Soravia und seine Zwillingsschwester etwas Gutes tun. Er habe Ithuba vorgeschlagen, seine Schwester ein SOS Kinderdorf. Sie haben ein Poster machen lassen, über Bilder des Malers Peter Kogler, der sich das Projekt in Südafrika vor Ort mit Soravia angeschaut hat. Mit dem Erlös aus den Collagen Koglers wird Ithuba zehn Jahre unterstützt. Die Collagen sind ein Geschenk von Kogler an Ithuba. Die Flächenwidmung für die Soravia Projekte Triiipl und Danube Flats sei schon zweieinhalb bis drei Jahre zuvor erfolgt. Bei Projekte seien mit Partnern entwickelt worden.

"Haben Sie mit Chorherr über ihre Bauprojekte Triiipl, Schnirchgasse und Danube Flats gesprochen“, fragt der beisitzende Berufsrichter. „Ich habe mit Chorherr über das Projekt Triiipl und Danube Flats gesprochen, weil er in der Jury war“, sagt Soravia. Er habe auch mit Chorherr über Ithuba gesprochen und habe sich das Projekt erklären lassen.

„Bei den Bildern wollten wir, dass wir nicht eine einmalige Spende schaffen, es war der Ansatz von Peter Kogler zehn Jahre eine Patenschaft für die Schule zu übernehmen“, sagt Soravia.

Richter liest jetzt aus einem Protokoll des Wiener Gemeinderats vor, in dem Chorherr über das Soravia-Projekt Triiipl im Detail referiert. Staatsanwalt schließt an, und fragt, ob sich Chorherr für die Spende bedankt hat. Soravia konnte sich daran nicht erinnern. Er habe auch mit Stadträtin Vassilakou über seinen Bauprojekt gesprochen. „Chorherr sei als Planungssprecher der Grünen in der Jury gesessen“, sagt Soravia. „Wir haben mit allen Parteien gesprochen, wir waren die Ersten, die den städtebaulichen Vertrag ertragen mussten. Mehrkosten in Höhe von zehn Millionen Euro waren nicht sehr angenehm.“ Erst wenn der Gemeinderat ein Projekt beschlossen hat, ist es tatsächlich beschlossen, sagt Soravia. Er habe es auch anders kennengelernt.

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