Chinas wirtschaftliche Aufholjagd enttäuscht

China scheint das Coronavirus in den Griff zu bekommen
"Nachlassende Dynamik": Einzelhandelsumsatz im Juli erneut gefallen, Industrie steigert Produktion langsamer als erwartet.

Die Aufholjagd der chinesischen Wirtschaft nach der Coronakrise hat gleich mehrere Dämpfer erhalten. Der Einzelhandel nahm im Juli den siebenten Monat in Folge weniger ein, während die Industrie ihre Produktion nicht im erwarteten Umfang hochfuhr und zugleich weniger investiert wurde.

Die Umsätze im Einzelhandel sanken im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,1 Prozent, wie aus den am Freitag veröffentlichten amtlichen Daten hervorgeht. Ökonomen hatten mit einem leichten Wachstum gerechnet. Die Chinesen hielten sich vor allem mit dem Kauf von Bekleidung, Kosmetika, Haushaltsgeräten und Möbeln zurück. Das konnte durch den Anstieg der Autoverkäufe um mehr als zwölf Prozent nicht wettgemacht werden.

Die Industrieproduktion wuchs im Juli zwar um 4,8 Prozent, blieb damit aber hinter den Prognosen zurück. Zudem fielen die Investitionen in Maschinen, Fabriken und andere Anlagen von Jänner bis Juli, und zwar um 1,6 Prozent. "Insgesamt dürfte dies auf eine nachlassende Dynamik in der wirtschaftlichen Erholung hindeuten", fasste Commerzbank-Volkswirt Hao Zhou die Daten zusammen. "Diese ist bereits weit fortgeschritten, so dass das Nachholpotenzial weitgehend ausgeschöpft ist."

Auch dürfte die hohe Arbeitslosigkeit die Kaufkraft mindern und den Konsum auf absehbare Zeit belasten. Chinas Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 3,2 Prozent gewachsen, nachdem sie zu Jahresbeginn wegen der Coronapandemie noch um 6,8 Prozent eingebrochen war.

Einige Experten trauen der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt im zweiten Halbjahr zumindest einen robusten Aufschwung zu. "Wir erwarten in den kommenden Monaten eine erneute Beschleunigung der Infrastruktur-Investitionen", sagte Analyst Martin Rasmussen von Capital Economics. "Dies dürfte zu einem weiteren Aufschwung in der Industrie und im Baugewerbe führen und dazu beitragen, die Flaute auf dem Arbeitsmarkt aufzufangen, den Konsum indirekt zu stützen und die wirtschaftliche Erholung auf Kurs zu halten."

ING-Ökonomin Iris Pang erwartet ebenfalls eine bessere Konjunktur. "Nachdem die Überschwemmungen vorüber sind, glaube ich, dass die Bauarbeiten für die betroffenen Gebiete die Anlageinvestitionen und die Industrieproduktion ankurbeln werden", sagte Pang.

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