CETA: Der Stammtisch und die neue Sachlichkeit
Die feindselige Haltung in Österreich gegenüber den Freihandelsabkommen CETA (mit Kanada) und TTIP (mit den USA) stürzt die Wirtschaftsvertreter in ein Wechselbad der Gefühle. Händeringende Appelle zu mehr Sachlichkeit wechselten sich am Montag ab mit zynischen Spitzen an die Adresse der Regierung und "stammtisch-tauglichen" Argumenten aus eigener Feder, wie Wirtschaftskammer-Vize Jürgen Roth ehrlich einräumte.
Ans Wirtshaus gerichtet ist zum Beispiel die Rechnung, wonach die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung statt 39.000 nur 34.000 Euro wäre, wenn sich Österreich im Jahr 1990 gegen mehr Handel ausgesprochen hätte. Oder wonach Österreich 400.000 Arbeitsplätze weniger hätte.
Besonders der SPÖ-Schwenk beim ausverhandelten Kanada-Abkommen (CETA) hat die Wirtschaft auf dem falschen Fuß erwischt. Er bezweifle, dass sich der "Schwenk zum Populismusmodus" für die Regierungsparteien auszahle, sagte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung: "Ich sehe den Sprung in den Umfragewerten für SPÖ und ÖVP nicht."
Österreich profitiert
Auch Roth mahnte zu Sachlichkeit. Österreich habe sieben Jahre Zeit gehabt, sich bei CETA einzubringen. Jetzt sei es "fünf Minuten nach zwölf".
Mit CETA würden weiterhin nur Waren eingeführt, die EU-Standards genügen, beruhigte Neumayer. Die Ängste, dass öffentliche Services wie (Ab-)Wasser, Energie oder Gesundheit privatisiert werden, habe es vor 20 Jahren beim GATS-Handelsabkommen auch gegeben – was sich als unbegründet erwiesen habe.
TTIP-Zeitfenster geht zu
Auch wenn sich in den Verhandlungen mit den USA momentan wenig bewegt: WKO-Vize Jürgen Roth ist dagegen, die Verhandlungen zu TTIP zu unterbrechen und nach den US-Wahlen neu zu starten, wie Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner angeregt hatte.
Es gebe jetzt ein "window of opportunity" (günstiges Zeitfenster), das sich schließen werde, weil dann auch in Frankreich und Deutschland Wahlen anstehen. Dann werde sich ein Abschluss um "drei bis fünf Jahre nach hinten verschieben". Und Asien werde Europa noch mehr den Rang abgelaufen haben.
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