Online-Pfandleiher: "Es werden vermehrt Weihnachtsgeschenke verpfändet"

Online-Pfandleiher: "Es werden vermehrt Weihnachtsgeschenke verpfändet"
Heimischer Online-Pfandleiher mischt den Markt auf belehnt vor allem Elektronikgeräte. Konsumentenschützer warnen vor Kostenfallen.

Die Tage nach Weihnachten sind gute Zeiten für Pfandleiher. Bei so manchen herrscht Ebbe in der Geldbörse - und da werden mitunter auch die Geschenke zu Geld gemacht. Das weiß auch das Wiener Start-up Cashy, das mit dem Slogan „Schnell zu Cash mit Cashy“ um Online-Pfandkredite wirbt. "Wir verzeichnen im Jänner einen Anstieg an Pfandkrediten um 15 Prozent, bei der Unterhaltungselektronik gibt es sogar ein Plus von 30 Prozent", berichtet Cashy-Gründer Patrick Scheucher. „Es werden hier wohl vermehrt Weihnachtsgeschenke verpfändet".

Das funktioniert so: Der zu belehnende Gegenstand, etwa ein Smartphone, eine Spielekonsole oder eine Smartwatch, wird auf cashy.at eingegeben und das System zeigt sofort ein Kreditangebot an. Der Gegenstand wird dann zu einem Cashy-Shop geschickt, die Auszahlung erfolgt auf das Bankkonto, auf einen Paypal-Account oder bar auf die Hand.

Nach 30 Tagen kann der Betrag wieder zurückgezahlt werden und der Gegenstand wird retourniert. Alternativ kann der Kredit um 30 Tage verlängert werden. „Etwa 80 Prozent zahlen die Summe zeitgerecht wieder zurück“, sagt Scheucher zum KURIER.

60.000 Wertgegenstände

Die Bandbreite der zur Verfügung gestellten Beträge reicht von 100 Euro bis 10.000 Euro. Mehr als 60.000 Wertgegenstände können ohne Feilschen über mehrere Wochen belehnt werden. Am häufigsten - ein Viertel der Fälle - wird Elektronik verpfändet, vor allem Smartphones, Konsolen und Tablet-PCs, gefolgt von Autos und höherpreisigen Uhren. „Wir wollen den Menschen eine finanzielle Überbrückungshilfe auf Augenhöhe ohne Rechtfertigung und Ratschläge zurückgeben“, erläutert Scheucher, der früher selbst Banker war.  Seit der Gründung wurden bei rund  35.000 Transaktionen  über 18 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. 

Cashy spricht vor allem eine junge, digitalaffine Zielgruppe an und mischte damit den Markt auf. Auch etablierte Pfandleihhäuser wie das Dorotheum starteten inzwischen mit digitalen Angeboten. So können mit der Dorotheum Pfand-App - kostenlos im App Store oder  Play Store erhältlich -  die Services von Dorotheum Pfand genutzt werden.

Dorotheum-Pfand-App

Die Dorotheum-Pfand-App  werde sehr gut angenommen, berichtet Michael Holubowsky, Bereichsleiter Pfand im Wiener Dorotheum. Vor allem Fristverlängerungen seien nun bequem per App möglich.  In Wien bietet das Dorotheum  nun auch die Möglichkeit, Schmuck, Uhren, Goldmünzen oder technische Geräte vom Fahrradkurier gratis abholen zu lassen. 90 Prozent der Wertgegenstände werden im Dorotheum wieder ausgelöst.

Anders als  Cashy legt das traditionsreiche Auktionshaus den Fokus weniger auf Technik, sondern mehr auf Schmuck, Uhren und Edelmetallen. Die Klientel ist daher etwas älter. Das Pfandleih-Geschäft laufe gut, so Holubowsky. „Wir erwarten eine Steigerung von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.“

 

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Dorotheum Pfand startete digitales Darlehen am Smartphone

Deutschland-Expansion

Cashy beschäftigt aktuell 25 Mitarbeitende. Vor kurzem erfolgte der Markteintritt in Deutschland, dem größten Pfandkredit-Markt in Europa. Das erste Pfandleihhaus sperrte in München auf,  in mehreren Großstädten wird ein Kurier-Dienst angeboten. Wann das Pfandleihgeschäft für die Gründer profitabel sein wird, vermag Scheucher noch nicht zu terminisieren. Für 2023 ist eine weitere Finanzierungsrunde geplant. Neben den Firmengründern sind auch Paysafecard-Gründer Michael Müller und Alex Schütz, Gründer und CEO der C-Quadrat Investment Group investiert.

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Das Management-Team von Cashy

Geschäft mit Finanznot

Kritik, aus der Finanznot junger Menschen Profit zu schlagen, lässt Scheucher nicht gelten. „Die Konsumenten haften bei uns nur mit ihrem Gegenstand. Die Konsequenzen sind daher wesentlich geringer als bei einem Bankkredit.“ Bei finanziellen Engpässen einfach wegzuschauen und die Menschen alleine lassen sei auch keine Option, meint er.

VKI: "Allerletzter Ausweg"

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) warnt eindringlich vor Kostenfallen. Nur wenn die Aussicht besteht, das Geld innerhalb von einigen Monaten zurückzahlen zu können, sollte eine Pfandleihe überhaupt in Erwägung gezogen werden, sagt VKI-Finanzexpertin Gabi Kreindl zum KURIER. Die Pfandleihe sei eine äußerst kostspielige Variante, an Bargeld zu kommen, und kann – wenn überhaupt – nur als  „allerletzter Ausweg“ gesehen werden.

Einem vor zwei Jahren durchgeführten Test zufolge schwankte der Schätzwert eines Schmuckstückes oder Elektronikgerätes je nach Pfandleiher stark. Auch fehle es oft an transparenten Angaben zu den Zinsen und sonstigen Gebühren. Die Verzinsungsangaben in den Beratungsgesprächen reichten von 1,5 Prozent  pro Halbmonat (!) bis zu 10  Prozent pro Monat.

Verkauf oft besser

Wer sich nicht sicher ist, das geliehene Geld innerhalb einer bestimmten Zeit überhaupt aufbringen zu können, sollte das Pfand besser gleich verkaufen. Die finanzielle Notsituation von Verbrauchern wird durch einen teuren Pfandkredit oft zur Schuldenfalle. Fazit der Konsumentenschützer: Es gibt nur sehr wenige Situationen, die sich für eine Pfandleihe eignen.

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