Martin Abel ist Pfandleiher in Wien-Brigittenau. In Jubelstimmung kommt der Mann mit dem bulligen Aussehen, und dem freundlichen Wesen, aber nicht. „Mir ist es lieber, wenn die Konjunktur gut läuft. Ich hoffe auch, dass unser Sozialstaat die Krise für viele lindert.“
Einen Ansturm von Kunden habe er bisher auch nicht bemerkt. Möglich, dass es noch ein paar Wochen dauere, bis den Menschen das Geld ausgeht, sagt Abel.
„Und ich sag’ meinen Kunden schon klar, dass Kredite bei der Bank billiger wären“, erklärt er. Doch anders als bei einer Bank kann man bei Pfandleihern relativ rasch handelseins werden: Abel zahlt etwa ein Drittel des Wertes, von fast allem, was ihm angeboten wird. Die Kunden haben dann zehn Wochen Zeit, das Geld zurückzuzahlen, Abel behält sich „vier bis sieben Prozent“ Zinsen, pro Monat, versteht sich. Sonst wird die belehnte Ware versteigert, das Geld bekommt der Kunde zurück – abzüglich der Zinsen. So läuft das überall.
Auch Michael Ringl sieht sich nicht als Gewinner der Krise. Auch er sperrte vergangenen Dienstag sein Pfandhaus in Wien-Kagran wieder auf. Am ersten Tag kamen mehr Menschen als sonst. Noch nicht wegen der anstehenden Wirtschaftskrise, sondern weil sie Dinge abholen wollten, die sie vor den Ausgangsbeschränkungen belehnt hatten. „Plötzlich sind die Kinder immer daheim, da brauchen sie eben die Playstation“, sagt Ringl.
Vor allem Stammkunden hat er in der letzten Zeit außerhalb des Geschäfts getroffen. Eine generell höhere Nachfrage nach dem schnellen Geld für die Miete, für Essen oder Windeln erwartet der 54-Jährige erst in zwei bis drei Monaten, dann würden sich Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit bemerkbar machen. „Wer denkt, ich verdiene mir hier eine goldene Nase, der hat keine Ahnung von meinem Geschäft“, sagt Ringl.
Besser als ein Überfall
Die Leute seien froh, dass es ihn gibt, wenn am Ende des Monats die Pension oder das Arbeitslosengeld nicht mehr reicht. „Deswegen verstehe ich nicht, warum wir Pfandhäuser gerade in der Krise zusperren mussten.“
Vom Magister bis zum Flüchtling würden alle zu ihm kommen: „Aber schon eher die ohne Arbeit“, sagt Ringl. Er mag es nur nicht, wenn die Leute als Bittsteller kommen, weinen oder ihm die Gründe für ihr Kommen erklären. „Das geht mich nichts an und es ist ja nichts Schlimmes, ins Pfandhaus zu gehen“, sagt Ringl.
Vor allem sei es „jedenfalls besser als das Wettbüro – oder ein Raubüberfall“.
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