Nach gültigem Recht gibt Thanner klarerweise keine Details preis, seine Behörde ist aus gutem Grund unabhängig und weisungsfrei gestellt. Thanner sagt: „Wenn wir streng prüfen, mag das manchen nicht gefallen. Wenn sich die Frau Minister als oberste Anwältin der Betriebe versteht, ist das ein klassischer Zielkonflikt. Wir wären bei der Justiz besser angesiedelt. Wir ermitteln ja vom Schema her ähnlich wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.“
Dass der Haussegen zwischen Wirtschaftsministerium und BWB, nach Beschwerden über ihr teils strenges Vorgehen schief hängt, ist evident. Wie schief er hängt, zeigt sich jetzt.
Am Freitag ist mit Frist bis 17. Mai die besagte Novelle zum Wettbewerbsgesetz – mitsamt der neuen Berichtspflicht – zur Begutachtung ausgeschickt worden. Die Wettbewerbsbehörde ist nicht in die Ausarbeitung der Novelle eingebunden gewesen. Die Behörde hat vom Gesetzesentwurf auch erst am Freitag erfahren. Bis Dienstag gab es keinen Kontakt zwischen Schramböck und Thanner.
Ob das Ansinnen des Ministeriums nach der Berichtspflicht mit den Ermittlungen gegen führende Baufirmen oder gar dem jüngsten Bußgeldantrag gegen die Porr zusammen hängt? Thanner mag das durchaus vermuten, sagt aber nur: „Ich kann den Zusammenhang nicht belegen.“
Mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie, auf die sich Schramböck beruft, kann die geforderte Berichtspflicht jedenfalls nur wenig zu tun haben. Denn die EU-Richtlinie sieht vor, die nationalen Wettbewerbsbehörden bei Budget und Personal noch unabhängiger zu stellen. Die Berichtspflicht der Behörde an das Ministerium würde wohl das Gegenteil bewirken. „Es ist schon erstaunlich, dass ein Gesetz, mit dem eine EU-Richtlinie umgesetzt wird, die der Stärkung der Wettbewerbsbehörden dient, in die Gegenrichtung zeigt“, sagt auch Kartellrechtsspezialistin Isabella Hartung.
Thanner will die Berichtspflicht jedenfalls verhindern. Schramböck hat zwar versichert, sie werde auch in Zukunft keine Auskunft zu laufenden Ermittlungen verlangen können, Thanner schenkt der Zusicherung aber aufgrund des „umfassenden“ Textes der Novelle wenig Glauben. Nicht nur Details von Hausdurchsuchungen, sondern etwa auch jene der BWB-Whistleblower-Hotline sieht er umfasst. Und damit wäre die „Gefahr groß, dass etwas (an die Unternehmen, Anm.) verraten wird“.
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