Mehr Schutz fürs Geschäftsgeheimnis

Mehr Schutz fürs Geschäftsgeheimnis
Vertrauliche Geschäftsinformationen sind künftig EU-weit besser durch Gesetze geschützt. Allerdings müssen die Unternehmen die Vertraulichkeit nachweisen können.

Es gibt eine gute Nachricht für innovative Unternehmen: Geschäftsgeheimnisse werden künftig EU-weit besser gegen einen Missbrauch geschützt. Die weniger gute Nachricht: Alle Unternehmen müssen rechtzeitig aktiv werden, um für Streitfälle gewappnet zu sein. Was ist zu tun? Der KURIER fasst zusammen.

Worum geht es bei der neuen EU-Richtlinie?

Um den zivilrechtlichen Schutz von vertraulichem Know-how und Geschäftsinformationen. Die EU-Richtlinie ist seit 5. Juli 2016 in Kraft. Österreich hat aber bis Juni 2018 Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Die EU definiert nur Mindestschutzstandards, jedes Land darf strengere Regeln beschließen.

Warum war die Neuregelung überhaupt nötig?

Wissen ist in der digitalisierten Wirtschaft der wichtigste Rohstoff. Zugleich steigt die Gefahr, dass Vertrauliches entwendet wird, wenn Aufträge ausgelagert werden, Daten in Netzwerken (Cloud) abgespeichert sind oder über das Internet der Dinge ausgetauscht werden. "Bisher waren die Gesetze der EU-Länder zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen extrem zersplittert und uneinheitlich", sagt Lutz Riede, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Freshfields in Wien. Grenzüberschreitende Know-how-Verletzungen seien oft gar nicht verfolgt worden – ein Wettbewerbsnachteil etwa gegenüber den USA, der nun behoben wird.

Was umfasst die Richtlinie?

Die geheimen Informationen müssen einen kommerziellen Wert haben. "Die Frage ist: Würde es mir schaden, wenn sie öffentlich würden?", erklärt Riede. Die Infos müssen nicht völlig geheim sein, dürfen aber einem Personenkreis, der üblicherweise über solche Informationen verfügt, nicht zugänglich sein. Die Palette der Inhalte sei groß: "Das können Kundendaten, Marketingpläne, technische Informationen oder Produktionsverfahren sein, aber auch unveröffentlichte Tarife oder spezielle Vertriebsdetails."

Was ist der Unterschied zum Urheberrecht, zu angemeldeten Patenten, Mustern oder Marken?

Vertrauliche Geschäftsinformationen sind viel umfassender. Sie müssen weder (wie Patente oder Muster) einen Anspruch auf Neuheit erheben, noch eine eigentümliche geistige Schöpfung (wie nach dem Urheberrecht) sein. Das macht die Regelung für Start-ups sowie kleine und mittelgroße Unternehmen so interessant: Sie könnten sich kostspielige Patentanmeldungen und Verfahren gar nicht leisten.

Worin liegt der Fortschritt für Österreichs Betriebe?

Bisher war der Schutz in Österreich über den Unlauteren Wettbewerb und klassischen Schadenersatz geregelt. "Der Rechtsschutz war schon bisher nicht so schlecht, die Bestimmungen waren aber auf klassische Fälle wie Betriebsspionage durch Mitarbeiter und in zweiter Linie durch Mitbewerber gemünzt", sagt Riede. In der Richtlinie gibt es eine solche Einschränkung nicht mehr.

Was muss ich als Unternehmer konkret tun?

Neu ist: Ein Unternehmer muss nachweisen können, dass er angemessene Maßnahmen zur Geheimhaltung getroffen hat. "Das braucht Zeit und gute Vorbereitung", sagt Riede. Er rät, das Sicherheitskonzept und den IT-Schutz samt Firewalls, Zugangsschranken und Berechtigungssystem zu prüfen und gut zu dokumentieren. Eine Festlegung, was geheim ist, sei ebenso anzuraten wie Schulungen für die Mitarbeiter. Ebenso müssten Verträge mit Mitarbeitern, Partnern, Lieferanten und Kunden auf geeignete Geheimhaltungsklauseln abgeklopft werden.

Worauf habe ich Anspruch?

Zusätzlich zur Unterlassung und Beseitigung (Vernichtung oder Rückruf missbräuchlich entstandener Produkte) sind Schadenersatzansprüche möglich. Diese können entgangene Gewinne des Geschädigten oder unlauter erzielte Gewinne betreffen. Und sie können sogar über eine Lizenzanalogie ermittelt werden: Was hätte es den Schädiger gekostet, wenn er die Informationen rechtmäßig erworben und lizenziert hätte?

Gibt es Ausnahmen beim Schutz von Geheimnissen?

Ja, für investigativen Journalismus und Whistleblower, die Missstände in einem Unternehmen aufdecken. Und normal erlernte Fähigkeiten der Mitarbeiter dürfen natürlich ebenfalls nicht eingeschränkt werden.

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