Wirtschaftsflaute, Bugetnot und neue Regierung: Zeitpunkt für Reformen ideal
Angesichts der angespannten Budgetsituation ist es nötig, äußerst rasch Reformen umzusetzen - etwa was die Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden betrifft. Das haben der Fiskalrat, das Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ und das Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) am Mittwoch in einer Pressekonferenz eingemahnt. Gefordert wurde verstärkte Kooperation oder auch ein Aus für Doppelgleisigkeiten. Kurzfristig sieht man aber auch höhere Steuern als Option.
"Die aktuelle Budgetsituation ist echt nicht leicht", konstatierte Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt mit Verweis auf die Staatsfinanzen am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Das Budgetdefizit liege über den Maastricht-Kriterien von 3 Prozent. Zugleich ortete er kaum Ambitionen im Finanzministerium, das Defizit wieder zurückzuschrauben. Die Abschaffung der kalten Progression sowie Mehrausgaben würden sich bemerkbar machen. Dazu komme die schlechte Wirtschaftslage, wobei Österreich hier auch von der Rezession in anderen Ländern, etwa in Deutschland, betroffen sei, erklärte er.
Wahlversprechen unfinanzierbar
Jüngste Wahlversprechen sind laut Badelt hier nicht unbedingt geeignet, gegenzusteuern - im Gegenteil: "7 Prozent Defizit wären da locker drin, wenn man das alles addiert." Entwicklungen wie der demografische Wandel würden zu wenig berücksichtigt, bekrittelte er. Der höhere Anteil älterer Menschen bedeute enorme Herausforderungen für Bereiche wie Pensionen, Gesundheit oder Pflege.
Gerade in der Gesundheit könne man viel Geld sparen, zeigte sich Badelt überzeugt. Aktuell seien die Finanzierungsströme höchst unübersichtlich zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung aufgeteilt. "Alle haben großen Spaß daran, ihre finanziellen Probleme nach Möglichkeit auf die anderen abzuschieben." Nötig wäre generell eine Reform der Aufgabenaufteilung bzw. eine Formulierung von Zielvorgaben samt Konsequenzen, wenn diese nicht erreicht würden. Das sei im jüngsten Finanzausgleich verabsäumt worden.
Mehr Effizienz
Auch empfiehlt der Fiskalrat, den Ländern und Kommunen mehr Abgabenautonomie zu gestatten. Derzeit würde der Bund die Steuern einheben, Länder und Gemeinden würden entsprechend den Vereinbarungen die Mittel dann erhalten. Eine Änderung könne für mehr Effizienz sorgen, ist man sich sicher. "Man müsste dann nicht mehr andauernd 100 Sachen hin- und herbuchen", gab Badelt zu bedenken.
Ins Visier wurden auch die Förderungen genommen. Hier sei es nötig, das System zu durchforsten, um Doppelgleisigkeiten zu minimieren, forderte Margit Schratzenstaller vom Wifo. Wobei in der Runde betont wurde, dass Förderungen nicht per se schlecht seien. Angesichts fehlender Transparenz sei hier auch die Gefahr der Überförderung durch die diversen Gebietskörperschaften gegeben.
Peter Biwald und Karoline Mitterer vom KDZ führten aus, dass vor allem die kommunale Daseinsvorsorge unter Druck gerate. Nötige Investitionen etwa in die Elementarpädagogik, die Sanierung von Gebäuden oder auch der Öffi-Ausbau würden sich hier bemerkbar machen, hieß es. Zugleich hätten Gemeinden kaum Spielraum bei Einnahmen. Sie könnten bestenfalls die Gebühren erhöhen.
Von Seiten des KDZ wurde angeregt, verstärkt Gemeindekooperationen anzudenken bzw. den Finanzausgleich ausgabenorientierter zu gestalten. Andernfalls bestehe das Risiko, dass sukzessive Leistungen eingeschränkt werden müssten - also zum Beispiel Freibäder geschlossen werden, warnte Mitterer.
Idealer Zeitpunkt
Dass nun die Bildung einer neuen Regierung anstehe, sei ein guter Zeitpunkt für Reformen, wurde heute versichert. Es sei jedoch schwierig, Einsparungen gleich umzusetzen. "Kurzfristig kann man ausgabenseitig nicht viel tun", erläuterte Schratzenstaller. Es sei hingegen möglich, bei den Einnahmen anzusetzen, aber nur vorübergehend mit neuerlicher Rücknahme in weiterer Folge, da Österreich schon über eine sehr hohe Abgabenquote verfüge.
Genannt wurden heute als mögliche Maßnahmen Erhöhungen bei der Grund-, der Mineralöl- bzw. der Tabak- und Alkoholsteuer. Auch die Einführung einer Zuckersteuer wurde als Möglichkeit genannt. Maßvolle Erhöhungen der Gehälter der öffentlichen Bediensteten bzw. der Pensionen seien ebenfalls eine Option, hieß es. Die Erhöhung von Massensteuern wurde hingegen heute nicht empfohlen.
Diskutiert wird aktuell auch die Abschaffung des Klimabonus. Dabei würde man rasch einen "fetten Fisch" fangen, meinte Fiskalrats-Chef Badelt. Das Problem dabei sei jedoch, dass dieser auch eine Konsumförderung darstelle, hielt er fest. Statt einem gänzlichen Aus wurde eine zielgerichtetere Ausgestaltung nahegelegt.
Das Finanzministerium beteuerte in einer Reaktion, dass der Bund mit dem neuen Finanzausgleich seine Verantwortung gegenüber den Gebietskörperschaften wahrgenommen habe. Mit dem neu geschaffenen Zukunftsfonds sei zudem ein Paradigmenwechsel im Finanzausgleich eingeläutet worden, indem erstmals die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel an die Erreichung konkreter Ziele und Reformen geknüpft worden sei, hieß es.
Im Rahmen des Finanzausgleichs hätten sich auch alle Länder zu einer umfassenden und einheitlichen Einmeldung in die Transparenzdatenbank verpflichtet. Förderungen von ausgelagerten Einheiten seien hier inkludiert. Es sei auch festgelegt worden, dass jedes Land vor Umsetzung einer neuen Maßnahme in der Datenbank eine Abfrage vornehmen müsse, um zu prüfen, ob es bereits eine Subvention in diesem Bereich gebe.
"In Summe fließen durch den Finanzausgleich bis 2028 jährlich durchschnittlich rund 2,4 Mrd. Euro mehr vom Bund an Länder und Gemeinden", wurde in der Stellungnahme betont. Vor allem für Kinderbetreuung, Pflege und Gesundheit, Wohnen und Sanieren habe es noch im heurigen Juni die ersten 1,1 Mrd. Euro aus dem Zukunftsfonds für die Länder gegeben. Auch auf die jüngsten Gemeindepakete wurde von Seiten des Finanzministeriums verwiesen.
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