Britische Regierung stimmt AKW-Projekt Hinkley Point zu

Das fertige Kraftwerk in einer Computersimulation
Die Klage von Österreich und anderen EU-Staaten gegen das Projekt dürfte ob des Brexits aussichtslos sein.

Die britische Regierung gibt ihre Zustimmung für das umstrittene AKW-Projekt Hinkley Point. Das Vorhaben solle umgesetzt werden, erklärte Energieminister Greg Clark am Donnerstag. Dabei solle mit neuen Maßnahmen für eine "erhöhte Sicherheit" des AKW-Baus gesorgt werden.

Österreich und andere Staaten klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die milliardenschweren Staatssubventionen für das Projekt - nach dem angekündigten Austritt Großbritanniens aus der EU dürfte diese Klage allerdings den Boden unter den Füßen verlieren. Der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober (Grüne) sieht das aber nicht so: Großbritannien sei nach wie vor an die EU-Wettbewerbsregeln gebunden, und dies sei "sogar für die Zeit nach einem realisierten EU-Ausstieg in etlichen Jahren weiterhin wahrscheinlich" so.

Auch innerhalb des EDF-Konzerns umstritten

Die britische Regierung hatte eine Entscheidung über Hinkley Point für den "frühen Herbst" angekündigt, nachdem der Verwaltungsrat des französischen Stromkonzerns EDF Ende Juli für das Vorhaben gestimmt hatte. Das Projekt in der Nähe von Bristol im Südwesten Englands war wegen der finanziellen Risiken auch innerhalb des Staatskonzerns höchst umstritten. Bei dem Vorhaben mit einem Volumen von 18 Milliarden Pfund (21,4 Milliarden Euro) kooperiert EDF mit dem chinesischen Konzern CGN.

Die Investitionsentscheidung über Hinkley Point wurde wegen der internen Differenzen immer wieder verschoben. EDF gehört zu fast 85 Prozent dem französischen Staat. Die Regierung steht hinter dem Projekt, die Atomindustrie in Frankreich mit 220.000 Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber.

Umweltorganisationen kritisierten den Beschluss der britischen Regierung. GLOBAL 2000 sieht den "Druck Chinas" dahinter, "das mit massiven diplomatischen Verwicklungen gedroht hatte - und mit dem Entzug von Investitionen in die marode britische Infrastruktur". Der Reaktortyp EPR (Europäischer Druckwasserreaktor) von Areva, der zum Einsatz kommen solle, sei noch nirgends auf der Welt am Netz. Es sei "unklar, ob die EPR-Technologie überhaupt je in Betrieb gehen kann".

Auch Atomstopp Oberösterreich zeigte sich enttäuscht: "Damit verharrt Großbritannien weiterhin in der milliardenteuren Atomfalle." Auch aus Sicht von Greenpeace droht der geplante AKW-Bau zum "Milliongrab" zu werden. Sönke Tangermann, Vorstand bei der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy, die ebenfalls gegen die Subventionen geklagt hat, erklärte in einer Aussendung: "Am Ende hat sich nicht energiewirtschaftliche Vernunft durchgesetzt, sondern die Interessen der Atomlobby und der beteiligten Investoren."

Kritiker orten "Übersubvention"

EDF und CGN sollten für die 18-Mrd.-Pfund (21 Mrd. Euro) schwere Investition aufkommen, aber Großbritannien hätte für 35 Jahre einen Mindestabnahmepreis für den Strom garantiert. Kritiker wiesen darauf hin, dass die Investition damit übersubventioniert worden wäre, weil der Garantiepreis beim Doppelten des aktuellen Marktpreises lag.

Gebilligt hatte die britischen Subventionen noch die frühere Europäische Kommission unter Präsident Jose Manuel Barroso. Aus Sicht Österreichs sind alternative Energieformen förderungswürdig, nicht aber die Kernkraft. Außerdem wurde der Kritikpunkt der Wettbewerbsverzerrung geäußert. Als die Bundesregierung Anfang Juli 2015 ihre Nichtigkeitsklage beim EuGH einbrachte, erklärte der damalige Kanzler Werner Faymann (SPÖ): Subventionen sollten "moderne" Technologien unterstützen, die im "allgemeinen Interesse aller EU-Staaten" liegen. "Das trifft bei Atomkraft in keiner Weise zu." Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) ließ damals wissen, die Subvention für Hinkley Point C stehe im Widerspruch zum Beihilfenrecht der Union, sei ein Präzedenzfall für weitere AKW-Neubauprojekte und könne einen Subventionswettlauf im gesamten europäischen Stromsektor bewirken, hieß es darin weiter.

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