Brisantes OGH-Urteil im Dieselskandal: Kein Rechtsirrtum von VW

Volkswagen Results
Laut Höchstgericht ist ein Thermofenster nicht zulässig, wenn dadurch das Fahrzeug die überwiegende Zeit des Jahres „im Schutzmodus“ fährt. VW hatte sich auf einen „Rechtsirrtum“ berufen.

Vor zehn Jahren platzte der Dieselskandal beim Autobauer Volkswagen. Der Konzern hatte bei elf Millionen Fahrzeugen eine unzulässige Software eingesetzt, die auf dem Prüfstand die Abgaswerte schönte. Tatsächlich stießen die Fahrzeuge deutlich mehr Schadstoffe aus. Rund 388.000 Fahrzeuge waren in Österreich betroffen.

Doch der Mega-Skandal beschäftigt die Justiz nach wie vor, neben VW sind auch andere europäische Autobauer betroffen. Denn in vielen Fahrzeugen wurden sogenannte Thermofenster programmiert, die die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen und zum überwiegenden Teil des Jahres abschalten. Nun liegt ein neues richtungsweisendes Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor.

Im Schmutzmodus

Aber der Reihe nach. Anton K. (Name geändert) kauft 2016 für 36.700 Euro einen VW-Bus T6 mit dem Motor EA288. Doch dieses Fahrzeug weist ein Thermofenster auf, bei dem die Abgasreinigung unter zwölf Grad Celsius und über 39 Grad abgeschaltet wird. Dazu muss man wissen, dass die Durchschnittstemperatur in Österreich übers Jahr 9,5 Grad beträgt. Folglich fährt dieser VW meistens im „Schmutzmodus“.

Listige Irreführung

Anton K. klagte den Händler und VW wegen des Mangels auf „Schadenersatz aufgrund listiger Irreführung“. Mit dem Ziel, das Fahrzeug zurückzugeben und den Kaufpreis abzüglich eines Benutzungsentgelts zurückzuerhalten. VW bestritt den Vorwurf mit dem Argument, das Thermofenster sei „aus Gründen des Motorschutzes zulässig“. Es handle sich dabei um keine unzulässige Abschalteinrichtung.

VW habe darauf

vertrauen dürfen, dass das deutsche Kraftfahrtbundesamt in Kenntnis der beanstandeten Abgasabschalteinrichtung dennoch eine Typengenehmigung erteilt habe.

Keine Abgasreinigung

„Konkret hat der Autobauer VW damit argumentiert, dass er nicht wissen konnte, dass die Abgasreinigung das ganze Jahr gelten muss“, sagt Anwalt Michael Poduschka, der den Autobesitzer vertritt, zum KURIER. „Wenn ich nicht einmal die Hälfte des Jahres die Abgasreinigung schaffe, dann muss mir klar sein, dass das verboten ist. Es hat mich schon immer geärgert, dass sich Autohersteller auf einen Rechtsirrtum berufen haben.“ Doch der Europäische Gerichtshof habe entschieden, dass sich die Autobauer auf keinen Rechtsirrtum berufen können, wenn ein Schaden wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung entstanden ist.

Europarechtliche Vorschrift

Diese Rechtssprechung hat nun auch der Oberste Gerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung übernommen. „Es würde jede europarechtliche Vorschrift ad absurdum geführt, wenn man gegen eine EU-Vorschrift verstößt und im Nachhinein sagt, man habe es ja nicht wissen können, dass man diese Vorschrift einhalten muss“, sagt Poduschka. „Ich bin froh, dass der OGH den billigen Ausreden der Autohersteller endgültig einen Riegel vorgeschoben hat.“ Von den Herstellern müsse man erwarten können, dass sie wissen, „dass Abgase zumindest den größten Teil des Jahres zu reinigen sind“.

Vier Prozent Zinsen

Poduschka: „Das Ergebnis nach zehn Jahren zeigt deutlich, dass auch nach fast zehn Jahren für Dieselbesitzer etwas zu holen ist.“ Im aktuellen Fall wird Anton K. das Fahrzeug an den Autobauer VW zurückgeben und laut Aktenlage 25.224 Euro plus 6.530 Euro Zinsen zurückbekommen.

Kommentare