Die Trauerfeierlichkeiten nach dem Tod von Elizabeth II können insofern nur kurz vom Niedergang der weltweit fünftgrößten Volkswirtschafte und den politischen Turbulenzen nach dem Abgang von Premier Boris Johnson ablenken.
Zugespitzt formuliert leidet das Vereinigte Königreich unter der „Dreifach-Keule“ aus den nicht überwundenen Brexit-Nachwehen sowie den Kriegs- und Pandemiefolgen. Für 2023 und 2024 droht deshalb im UK eine Rezession – oder im besten Fall Stagnation.
Nun will die neue „Eiserne Lady“, Premierministerin Liz Truss, alles anders und vor allem besser machen. Sie kommt aus der Fraktion „mehr privat, weniger Staat“ und verspricht eine radikale Wende in der Wirtschaftspolitik: Defizitfinanzierte Steuersenkungen, eine markante Erhöhung der Verteidigungsausgaben und eine viele Milliarden Pfund verschlingende Energiepreisobergrenze für Haushalte.
„Eine Besteuerung der Überschussgewinne der Energiekonzerne hat sie ebenso ausdrücklich ausgeschlossen wie sie Warnungen vor Inflationsschüben und einem Totalschaden des Staatshaushaltes, den Ökonomen als Konsequenz ihrer Pläne befürchten, in den Wind schlägt“, sagt Christian Kesberg, seit Anfang 2016 Österreichs Wirtschaftsdelegierter in London.
Insbesondere die Inflation, die laut Bank of England 2023 zeitweise auf 13 Prozent steigen könnte, bereitet Kesberg Sorgen. „Der veritable Preisdruck kippt im Licht sehr ungleich verteilter Einkommen viele Haushalte unter die Armutsgrenze und sorgt als ’cost of living crisis’ für noch mehr politische Sprengkraft als anderswo.“
Dazu kommt: Das britische Pfund hat seit Jahresbeginn rund 15 Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren. Der Zinssatz für Staatsanleihen ist auf dem Höchststand der Finanzkrise von 2008 und die Schuldenquote hat längst die Marke von 100 Prozent überstiegen.
Wenig hilfreich sind in so einer Situation die angespannten Beziehungen zur EU, die für den Experten „nur wenig von einem Handelskrieg“ entfernt sind. Dazu kämen weitläufige Streiks und die drohende Spaltung durch ein Unabhängigkeitsreferendum in Schottland.
Kesberg: „Aus österreichischer Perspektive sind das zumindest für das Neugeschäft keine guten Aussichten. Chancen sehen wir aber nach wie vor im Gesundheitssektor, bei Umwelt- und Energiethemen oder in der Tourismusinfrastruktur.“
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