Brasilien: Schlimmste Krise seit 25 Jahren

Korruption erstickt die Wirtschaft und lähmt die Politik. Staatspapiere taumeln in Richtung Ramsch.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Brasilien sich zur Liga der soliden Staatspapiere zählen darf. Erst 2008 wurde die größte lateinamerikanische Volkswirtschaft als vertrauenswürdig genug für ein solides Rating (Investmentgrade) gesehen. „Brasilien ist ein seriöses Land, mit ernsthafter Politik, das auf seine Finanzen achtet“, brüstete sich der damalige Präsident Lula da Silva: „Deshalb genießen wir jetzt das internationale Ansehen, das Brasilien lange angestrebt hat.“

Brasilien: Schlimmste Krise seit 25 Jahren
Bald könnte es damit wieder vorbei sein: Lulas von Korruptionsskandalen gebeutelte Nachfolgerin Dilma Rousseff steht vor einem Scherbenhaufen. Nur noch 7,7 Prozent der Bevölkerung stellen ihrer Amtsführung ein positives Zeugnis aus. Womöglich droht sogar der Staatschefin selbst, die bis 2018 gewählt ist, ein Amtsenthebungsverfahren.

Schlimme Rezession

Und das in einer Phase, wo Rousseff Stärke zeigen müsste, um die Zügel herumzureißen. Brasiliens Wirtschaftsleistung wird nämlich heuer um 1,5 bis 2 Prozent schrumpfen – eine Katastrophe in einem Schwellenland, das großen Aufholbedarf hat. Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Notenbank den Leitzins soeben auf 14,25 Prozent angehoben – das würgt die Konjunktur noch zusätzlich ab.

Die Ratingagentur Standard&Poor’s zweifelt mittlerweile daran, dass die Regierungskoalition noch genug Zusammenhalt hat, um die anstehenden Reformen umzusetzen. Deshalb hat sie das Rating Brasiliens auf negativen Ausblick gestellt – eine Abstufung innerhalb der nächsten Monate droht.

Sparkurs erforderlich

Brasilien: Schlimmste Krise seit 25 Jahren
epa04664027 A woman holds a placard reading 'Dilma out!' during a protest against Brazilian President Dilma Rousseff in Sao Paulo, Brazil, 15 March 2015. Anti-government rallies in cities across Brazil have drawn tens of thousands of people into the streets to protest the administration of President Dilma Rousseff and demand her impeachment. Rousseff, who started her second four-year term in January, is under fire over Brazil's stagnating economy, rising energy costs and a corruption scandal dubbed Lava Jato (lit.: Car Wash) enveloping the state-controlled oil giant Petrobras, whose Board of Directors Dilma had chaired for eight years. EPA/SEBASTIAO MOREIRA
Das wäre ein zusätzlicher Nackenschlag, denn Brasilien ist jetzt (BBB-, negativ) nur noch einen Hauch vom Ramsch-Status entfernt. Diese Herabstufung würde die Probleme noch vergrößern, weil Ramsch-Anleihen aus vielen Fonds rausfliegen und die Zinskosten für den Staat steigen würden.

Dabei musste die Regierung ihre Sparziele für dieses und das kommende Jahr ohnehin schon revidieren – die Steuereinnahmen liegen weit unter den Erwartungen. Wie soll die zerstrittene Regierung es da schaffen, das Budget zu sanieren und verzerrende Preisstützungen abzuschaffen?

Ab August soll im Kongress und Senat über ein Maßnahmenpaket beraten werden - bei einer Blockade würde eine Verschärfung der Krise drohen. Rousseff stemmt sich gegen Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst, Schwarzgeld im Ausland soll verstärkt nach Brasilien zurückgeholt werden, um die Finanzlage zu verbessern.

Olympia-Jahr 2016

Sportliche Großereignisse bringen den Brasilianern offenbar auch kein Glück: Nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich und politisch – statt des erhofften Popularitätsschubes erntete Rousseff bei der Fußball-WM 2014 herbe Kritik.

Nun steht das nächste Großevent vor der Tür: Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016. Der Ausblick bleibt schwach, S&P erwartet dadurch keinen Schub, sondern prognostiziert ein Jahr mit wirtschaftlicher Stagnation.

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