Botschafter über Ungarns Imageverlust
Österreichs Banken sind die wichtigsten Kreditgeber in Ungarn. Für die Verschuldung der Gemeinden sucht die Regierung in Budapest jetzt eine Lösung. Wie sie aussehen könnte, erklärt Ungarns Botschafter in Österreich, Vince Szalay-Bobrovniczky.
KURIER: Herr Botschafter, will Ungarn österreichische Banken erneut zur Kasse bitten?
Vince Szalay-Bobrovniczky: Das stimmt so nicht. Die Regierung sieht nach wie vor ein Problem bei den Fremdwährungskrediten, die Kommunen aufgenommen haben. Ich gehe davon aus, dass wir die Städte und Banken ermuntern, über die Umstrukturierung von Krediten zu reden. Die Gemeinden haben große Probleme.
Für Ärger sorgt auch die Bankensteuer und die Krisenabgabe für Unternehmen.
Die Bankensteuer wird ab 1. Jänner 2013 halbiert, Anfang 2014 wird sie an den europäischen Standard angeglichen. Die Sondersteuer läuft Anfang 2013 zur Gänze aus. Die Verluste der Banken bei der Endtilgung können zu 30 Prozent von der Bankensteuer abgesetzt werden.
Plant Ungarn wirklich die Enteignung österreichischer Unternehmen im Abfallwirtschaftssektor?
Es geht nicht um Enteignung. Zu der Regierungsvorlage gibt es einen Änderungsvorschlag eines Abgeordneten, wonach bei der Abfallwirtschaft Kommunen diese Aufgabe zu etwa 60 Prozent übernehmen sollten. Wie die Abstimmung ausgeht, kann ich nicht sagen. Man muss auch sehen: Es gibt viele österreichische Unternehmen, die zufrieden sind und weiter in Ungarn investieren und ihren Betrieb ausbauen wollen.
Am Freitag erwartet die EU-Kommission Antwort auf drei Vertragsverletzungsverfahren. Verraten Sie etwas?
Wir gehen mit offenem Visier und mit dem Ziel einer schnellen Übereinkunft in die Verhandlungen. Ministerpräsident Orbán hat gesagt, dass Ungarns Zukunft – entgegen allen anderslautenden Meinungen – in Europa liegt. Europa ist die Richtung für uns.
Gibt Ungarn bei der Notenbank nach?
Wir geben vieles auf, wie etwa die Zusammenlegung von Notenbank und Finanzmarktaufsicht. Wir können aber nicht mit erhobenen Händen nach Brüssel gehen. Wir werden verhandeln.
Wie erklären Sie sich die negativen Schlagzeilen über Ungarn?
Wir haben in zwei Jahren mehr als 360 Gesetze verabschiedet. Die Regierung versucht das Land neu aufzubauen, das verursacht Interessenskonflikte, die Auswirkungen auf das Image des Landes haben. Ich vermute, dass wir deswegen so kritisch gesehen werden. Unsere Entscheidungen werden oft mit zweierlei Maß gemessen, zum Beispiel bei der Verschuldung. Bei anderen gibt es massive Abschreibungen und einen Schuldenschnitt. Orbán sagte auch kürzlich, dass wir nicht in die Taschen anderer Staaten greifen wollen.
Peilt die Regierung einen Schuldenschnitt an? Das ist kein Thema. Wir sind nicht nahe eines Bankrotts, wir wollen einen Sicherheitskredit von IWF und EU, um uns weiter auf dem Markt zu finanzieren. Die Staatsverschuldung liegt bei 80 Prozent. Das ist ein Problem. Der Kurs des Forint ist stabil, die Zinsen für Staatsanleihen sind zurückgegangen.
Will Ungarn auf seine Devisenreserven zurückgreifen?
Diese Kompetenz hat die Regierung nicht.
Ihr Brief zu Auszeichnungen an zwei ungarische Journalisten hat für Aufregung gesorgt (siehe KURIER, 14. Februar, Anm.). Bereuen Sie das Schreiben an Jury-Vorsitzenden Botschafter Rohan?
Ich war überrascht, dass der Brief, der an ihn adressiert war, an die Öffentlichkeit kam. Ich habe den Brief nach der Preisverleihung geschrieben und wollte meine Meinung äußern. Ich ziehe meine Lehren daraus.
Welche?
Das behalte ich für mich. Der Fall ist für mich erledigt, ich konzentriere mich auf die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Ungarn und Österreich. Ich hoffe, dass der kürzlich stattgefundene Besuch von Vizekanzler Spindelegger in Budapest, an dem ich großen Anteil hatte, ein wichtiger Schritt war.
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