Die Fahrdienste machen keine Sammelfahrten mehr. Auf die Frage, welchen Job seine Mieter haben, sagt er: „Gastronomie, Uber- oder Lyftfahrer, so wie ich. Sie werden ihre Miete nicht mehr lange bezahlen können. Dann bleibt die gesamte Kreditrate in der Höhe von 7.000 US-Dollar (6.500 Euro) pro Monat an mir hängen. Das ist echt scheiße.“
Tom denkt laut nach: „Ich könnte ja mal eine Rate aussetzen, aber sobald ich die Rückzahlung um 30 Tage verzögere, schrillen bei der Bank die Alarmglocken. Und das bedeutet, dass sich meine Kreditwürdigkeit verschlechtert und ich künftig keinen Kredit mehr bekomme. Von den höheren Zinsen brauchen wir gar nicht reden.“
Die Kreditwürdigkeit ist in den USA eine langwierige Sache, die man sich erst aufbauen oder besser gesagt, verdienen muss. Amerika löst sein Rentenproblem über die Börse. Eine andere Möglichkeit, die Pension aufzubessern, ist der steuerbegünstigte 401(k)-Plan, der sich von einem Paragrafen im Steuergesetz ableitet. Das System dahinter ist simpel.
Der Chef zieht einen fixen Prozentsatz vor Steuer vom Monatsgehalt ab, das Geld wird in einem Investmentfonds angelegt. In der Regel legt das Unternehmen noch etwas drauf, doch mehr als zwei bis drei Prozent überschreitet der Zuschuss in der Regel nicht. Es ist aber kein Zwang. Manchmal trifft die Personalabteilung mit den Banken und Brokern eine Vorauswahl an Produkten. Über die Jahre fahren die Bürger ihren Aktienanteil zurück, um das Risiko zu minimieren. Am Ende bleibt es jedem selbst überlassen, wie risikoreich er investiert. Nachteil: Wenn es zu Kursstürzen wie jetzt kommt, wirkt sich das dramatisch auf die kapitalgedeckte Pensionsvorsorge aus.
Das bekommt derzeit auch Melissa zu spüren. Die Angestellte einer großen Investmentfirma in NY sorgt mit so einem 401(k)-Plan vor. Über eine App am Handy schaut sie regelmäßig nach, wie viel ihr Erspartes aktuell wert ist. In diesen Tagen braucht sie starke Nerven. „Ja, das tut weh“, seufzt sie. Ihr Wertpapierdepot ist seit Jahresbeginn um fast 30 Prozent auf rund 107.000 US-Dollar geschrumpft. Melissa ist 46 Jahre alt, sie hat noch etliche Jahre, um sich von dem Schock zu erholen. „Ältere, die noch mehr Aktien in ihrem Depot haben, werden wohl noch zwei bis drei Jahre länger arbeiten müssen,“ meint sie nachdenklich.
Die Anlageberater und Broker haben derzeit alle Hände voll zu tun, um Kunden zu beruhigen. „Ich rate zu Geduld“, sagt Haran Segram, Asisstant Prof. der New York University Stern School of Business. „Bei der letzten Krise 2008 hat der Markt zwar drei bis vier Jahre gebraucht. Aber er ist zurückgekommen.“
Außerdem: 2008 hatten wir eine Finanzkrise. Jetzt ist es eine globale Gesundheitskrise.“ Die Wirtschaft werde eventuell länger brauchen, um sich zu erholen, so Segram. Angesichts steigender Arbeitslosigkeit und womöglich vieler Pleiten sei auch länger arbeiten kaum eine Option. Nicht jeder sei körperlich auch in der Lage, weitere Jahre Geld zu verdienen.
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