Denn die Menschen würden bereits ihr Arbeitseinkommen versteuern und dann daraus in Unternehmen investieren, die ihrerseits wieder besteuert werden. „Wird eine Dividende ausgezahlt, dann wird diese noch mal mit rekordverdächtigen 27,5 Prozent besteuert.“ Und schlussendlich dann auch bei einem Verkauf des Wertpapiers. „Das ist eine wahnsinnige Steuereskalation entlang dieser Reise.“ Daher sei die Wiedereinführung einer Behaltefrist der richtige Ansatz.
Nun könnte aber die Reform an dem Umstand scheitern, dass die Wertpapier-KESt bzw. Behaltedauer zum Teil durch ein Verfassungsgesetz geschützt ist. Eine Änderung bedarf somit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Die rechtlichen Folgen kann Boschan im KURIER-Gespräch nicht beurteilen. Der Idee, grüne Produkte bei der Besteuerung zu bevorzugen, steht er skeptisch gegenüber.
Es sei zwar völlig legitim, solche Steuerungselemente einzubauen und er habe insofern Verständnis, weil es aktuell politisch und gesamtgesellschaftlich gewollt werde. „Ich habe mit steuernden Steuern aber ein grundsätzliches Problem, weil sie natürlich auch Risiken beinhalten. Eine derartige Fokussierung auf bestimmte Bereiche führt zu Verwerfungen, die eigene Risiken beherbergen.“ Nämlich dann, wenn etwa die politische Unterstützung dafür plötzlich wegfalle.
Apropos Grün: Boschan geht davon aus, dass der Aktienbesitz in Österreich wesentlich größer ist als bisher angenommen (das sehe man etwa beim investierten Volumen in Zertifikaten von 15 Mrd. Euro) und auch mit einer wesentlich breiteren Verteilung in der Bevölkerung. „Es sind nicht nur die Wirtschaftsliberalen und Konservativen. Sondern auch Teile der grünen Wählerschaft.“ Die Wiener Börse lässt neue Zahlen zu den heimischen Aktionären aktuell wissenschaftlich erheben.
Dass der Leitindex ATX heuer um rund 18 Prozent abgeschmiert ist, sieht Boschan sportlich. Zum einen verweist er auf den ATX Total Return, der auch die Dividendenzahlungen beinhaltet. Dieser liegt bei minus 15 Prozent. Zum anderen gehe es beim Investieren an der Börse um die Langfristigkeit. Und hier liege der ATX seit Berechnungsstart bei plus 6 Prozent im Jahr.
Aber selbst 6 Prozent liegen unter der jetzigen Inflationsrate von 10 Prozent. „Jede Anlageform tut sich schwer, diese hohe Inflation zu kompensieren“, so Boschan. Langfristig schlage aber ein breit gestreutes Aktienportfolio andere Veranlagungsformen wie Immobilien oder Gold mindestens um das Doppelte. Substanzielles Wirtschaftswachstum zeige sich in steigenden Kursen.
Kommentare