Warum an den Börsen die Rekorde purzeln
Seit Ende Oktober kennen die größten Aktienbörsen der Welt nur eine Richtung: Nach oben. Infolge dessen purzeln auch Rekordmarken.
Im deutschen Leitindex DAX etwa wurde vor rund vier Wochen zunächst die Hürde von 17.000 Punkten genommen, in der Vorwoche waren es erstmals mehr als 18.000.
Und das, obwohl die deutsche Wirtschaft schwächelt. Wie passt das zusammen?
„Ein großer Anteil entfällt auf Zinshoffnungen“, sagt Markus Dürnberger, Asset Manager im Bankhaus Spängler. Die Investoren hätten zwar zuletzt ihre Erwartungen an tiefere Zinsen angesichts höherer Inflationsdaten zurückgenommen, würden aber noch immer auf mehrere Senkungen der Europäischen Zentralbank ab Juni setzen. Tiefere Zinsen wirken für Aktienstimulierend, da Unternehmen günstigere Kredite erhalten.
„Die 40 DAX-Unternehmen sind global tätig und erwirtschaften etwa 80 Prozent ihres Umsatzes im Ausland, wo es konjunkturell besser läuft als am Heimatmarkt“, ergänzt Aktienfondsmanagerin Sabrina Reeh vom Vermögensverwalter DWS.
Fünf Schwergewichte
Interessant ist in dem Zusammenhang, dass der DAX-Anstieg vor allem von den fünf Schwergewichten im Index abhängt: Siemens, SAP, Airbus, Allianz und Mercedes. Auf sie entfallen 60 Prozent des Zuwachses.
Der kleinere Bruder des DAX, der M-DAX, der eher mittelständische und weniger exportorientierte Titel enthält, weist hingegen heuer bis dato ein Minus von drei Prozent auf. Das Schicksal teilt er u.a. mit dem Wiener ATX (plus minus Null).
„Je lokaler ein Unternehmen agiert, desto mehr spiegelt es die deutsche Wirtschaftslage wieder“, erklärt Bernhard Greifeneder, Chief Investment Officer von Amundi Österreich. „Sowohl Technologiewerte als auch defensive Titel sind primär für den Anstieg verantwortlich.“
Und der DAX werde derzeit auch von den USA getragen, wo die Rezession entgegen den Erwartungen ausbleibe. „Es besteht Hoffnung, dass die Wirtschaft auch in der Eurozone im Frühjahr ihre Stagnation überwindet und wieder wächst“, so Dürnberger.
Risiko für die weitere Entwicklung
Hier liegt laut den Fachleuten auch ein Risiko für die weitere Entwicklung. Sollte die Inflation konjunkturbedingt nicht wie erwartet sinken, müsste der Markt wohl länger auf die Zinswende warten. „ Auch geopolitische Risiken könnten für Volatilität sorgen“, sagt Reeh.
Als weiteres Risiko nennt Dürnberger, dass einige Aktien schon hoch bewertet und überkauft seien. „Es besteht die Gefahr von Gewinnmitnahmen.“ Reeh relativiert aber. Im DAX liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis im Durchschnitt aktuell bei 12,6, was eine relativ günstige Bewertung darstelle, insbesondere im Verhältnis zu US-Indizes. Beim breiten S&P 500 betrage das KGV knapp 18.
Einen Vergleich mit dem überhitzten Tech-Aktienmarkt im Jahr 2000, der mit dem Platzen der dot.com-Blase gipfelte, lässt Greifeneder nicht gelten, „weil heute machen die Techkonzerne Gewinne“.
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