Deflation weniger schädlich als bisher gedacht

Fallende Preise haben laut aktueller Studie kaum Folgen für das Wachstum.

Produkte und Dienstleistungen, die billiger und billiger werden – was nach einem Traum für Otto Normalverbraucher klingt, gilt als das Schreckensszenario vieler Zentralbanker: Deflation. Wenn die Preise und Löhne erst einmal auf breiter Front fallen, kommt die Wirtschaft nicht mehr in Gang, lautet ihr Argument. Die Sorge, die Eurozone könnte in solch eine schädliche Deflation sinken, ist ein Grund, warum die Europäische Zentralbank bis zu 1400 Milliarden Euro in den Finanzmarkt pumpt.

Japan-Szenario

Jetzt kommt eine Studie zum Schluss, dass die Sorgen womöglich übertrieben sind. Vier Ökonomen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), einer Art Zentralbank der Zentralbanken, werteten Zahlen aus 38 Ländern und 140 Jahren aus.

Ihr Resümee: Phasen mit fallenden Preisen sind häufiger als gedacht – die Länder befanden sich in 18 Prozent der Jahre in dieser Situation. Dabei gebe es kaum Zusammenhänge zwischen fallenden Preisen und schwachem Wachstum, mit Ausnahme der Großen Depression der 1930er-Jahre. In Inflationsjahren war das Wirtschaftswachstum obendrein nur geringfügig höher.

Auch das Japan-Szenario halten die Ökonomen für überzogen: Wegen der Deflation soll das asiatische Land nach 1991 zwei "verlorene Jahrzehnte" ohne Wachstum erlebt haben. Allerdings schrumpft die japanische Bevölkerung stark. Berechne man das Wachstum pro Kopf, so sei dieses zumindest zwischen 2000 und 2013 mit dem der USA vergleichbar.

Eurozone wächst

Ein zwiespältiges Bild lieferte am Mittwoch die Industriestaatenorganisation OECD in Paris. Sie prophezeit dem Euroraum nun ein um 0,3 Punkte höheres Wachstum von 1,4 Prozent heuer und 2 Prozent für 2016. Dank der "mutigen" EZB-Maßnahmen und des billigeren Öls entkomme die Eurozone der Stagnation. Insbesondere Deutschland wächst kräftig. Zugleich befürchtet die OECD, das Zinstief könnte eine neue Finanzkrise auslösen: "Das Phänomen, dass Risiken schlecht eingeschätzt werden, taucht wieder auf."

Deflation weniger schädlich als bisher gedacht
Die US-Notenbank Federal Reserve hat indes gegensätzliche Sorgen: Von ihr wird erwartet, dass sie auf die Bremse steigt und die Wende zu höheren Zinsen einläutet.

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