Bitcoin-Aufsicht: Der Gold-Vergleich hinkt

Symbolmünzen für Ripple, Bitcoin, Etherum und Litecoin
Finanzminister Löger will Ausweispflicht und FMA-Kontrollen. Die Reaktionen aus der seriösen Bitcoin-Szene sind positiv.

"Wie im Wilden Westen", hatte Klaus Kumpfmüller, Vorstand der Finanzmarktaufsicht, im November über Kryptowährungen geurteilt. Jetzt darf er sie zum Duell rufen: Bitcoin und Co. sollen beaufsichtigt und strenger reguliert werden. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) will sie "ähnlich wie den Handel mit Gold und Derivaten" bewerten. Das sorgt in der seriösen Bitcoin-Szene für Beifall. Und für Erstaunen.

"Positiv ist, dass damit Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen werden", sagt Johannes Grill vom Lobby-Verein Bitcoin Austria. Und, was die Branche freut: "Für den Goldhandel braucht es keine Banklizenz. Damit werden die Innovationsmöglichkeiten nicht beschnitten." Pioniere wie die Handelsplattform BitPanda, die mit der Post kooperiert, oder der Grazer Dienstleister Coinfinity, der Automaten betreibt, könnten aktiv bleiben.

Digitaler Prospekt

Aus Sicht der Aufseher könnte Lögers Vergleich mit Gold freilich zum Eigentor werden. Denn für den Handel mit dem Edelmetall ist die Finanzmarktaufsicht (FMA) gerade nicht zuständig. Ob das wirklich so geplant war?

Offenbar nicht. Denn an anderer Stelle heißt es, die FMA möge Handelsplattformen beaufsichtigen und Vertriebsmodelle überwachen. Für Gold gelten aber nur Anti-Geldwäscheregeln. Künftig sollen sich Bitcoin-Kunden ausweisen, wenn sie Beträge über 10.000 Euro handeln. Seit dem Vorjahr ist die Ausgabe von eigenen Coins und Tokens (digitalen Gutscheinen) eine beliebte Methode zur Unternehmensfinanzierung geworden. Bei dieser Geldbeschaffung – "Initial Coin Offering" (ICO) – soll künftig ein digitaler Prospekt über die Geschäftspläne und Risiken aufklären. Diesen müsste ebenfalls die FMA abnicken. Ab März soll obendrein ein mit Experten besetzter "Fintech-Regulierungsrat" über neue Regulierungsansätze nachdenken.

Kryptos kennen keine Grenze

Die Aufsichtsbehörde FMA, die bisher für Kryptowährungen laut Gesetz nicht zuständig war, begrüßt einen strengeren Kurs, weist aber hin, dass ohne grenzüberschreitende Kooperation die Anbieter einfach in Staaten mit schwächerer Regulierung ausweichen würden.

Der auf Kryptowährungen spezialisierte Anlageberater Ernst Tertilt (Crypto Management GmbH) kann den Ideen ebenfalls einiges abgewinnen. Sie seien überfällig: Bisher hätten widersprüchliche Aussagen "Unsicherheit unter den Anlegern und die Abwanderung von Innovationen ins Ausland" bewirkt. Dass der Finanzminister Insiderhandel und Marktmanipulation im Kryptobereich bestrafen will, sei ein wünschenswerter Ansatz, so Tertilt. Die FMA und Nationalbank hätten aber "nur begrenztes Know-how über die Funktionsweise der Blockchain-Technologie".Am Freitag waren Kryptos auch ein Thema bei Eurogruppen-Chef Mario Centeno. Anfang März soll ein Aktionsplan aus Brüssel folgen.

"Übliche Verdächtige"

Bisher wurde das Bitcoin-Business sehr unterschiedlich gehandhabt. Die deutsche Aufsicht Bafin war besonders streng: "Es gibt keinen einzigen ICO, der in Deutschland genehmigt wurde", sagt Steffen Hartmann von der Kanzlei CLLB in Berlin: "Offiziell ist der deutsche Markt eigentlich tot."

Die deutsche Aufsicht haue "seit Wochen mit der großen Keule zu, sobald sie jemanden findet". Auch seriöse Firmen mussten ausweichen. Erste Wahl war früher die Schweiz, die ICO allerdings gestoppt hat. Danach zählten "Estland, Liechtenstein, teilweise Österreich zu den ’üblichen Verdächtigen’".

Der Betrugsverdacht bei Optioment ist nur die Spitze eines großen Eisbergs. Man muss kein allzu großer Prophet sein: Es werden noch größere "Anlagemodelle" (in Wahrheit mehr oder minder gut getarnte Schneeballsysteme) kollabieren. Davon tummeln sich Dutzende, wenn nicht Hunderte im Internet.

Dabei muss man freilich trennen: Bitcoin mag hochspekulativ und für die meisten Anleger nicht zu empfehlen sein – deshalb berichtet der KURIER immer eher distanziert. Und Bitcoin mag auch wegen des hohen Strombedarfs ökologisch fragwürdig und ineffizient sein. Ein Betrugssystem ist es allerdings nicht.

Das Problem ist allerdings, dass derzeit Gauner massenhaft auf den Zug aufspringen. Sie machen erst windige Zusagen, dann schnelle Kasse und verstecken die Zahlungsströme hinter der Krypto-Anonymität. Bitcoin & Co. sind für diese Windbeutel ein Mittel zum betrügerischen Zweck. Möglich ist das, weil der Hype und tolle Kursgewinne viele Anleger verführbar gemacht haben.

Höchste Zeit, dass die Aufsichtsbehörden darauf reagieren. Seriösen Anbietern ist das nur recht: Damit das Kryptogeschäft eine Zukunft hat, muss sich die Spreu vom Weizen trennen. Auch wenn nie allen Betrügern das Handwerk gelegt werden kann.

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