Billig-Jobs für die Flüchtlinge: Pro & Contra

Ein heißes Eisen: Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt.
Industrie will den Kollektivvertrag kippen. Arbeit für alle – oder reines Dumping?

Die Industriellenvereinigung Niederösterreich will den Arbeitsmarkt für Flüchtlinge öffnen. Dafür müssen aber – forderte IVNÖ-Präsident Thomas Salzer in den Bezirksblättern – auch Löhne unter dem Kollektivvertrag ermöglicht werden (der KURIER berichtete).

Was dafür, und was dagegen spricht, erläutern Martina Salomon und Franz Jandrasits (Abstimmung: siehe unten):

Pro: Martina Salomon

Österreich hat im Vergleich zur übrigen Welt Sozialstandards der Superlative, wozu auch sehr passable Kollektivverträge zählen. Zugeschnitten sind sie auf eine gut ausgebildete Gesellschaft. Doch es gibt auch Nebenwirkungen: Manche Dienstleistung wurde damit so teuer, dass sie am offiziellen Markt nicht mehr nachgefragt ist, daher hat man solche Jobs wegrationalisiert. Die Folge: Leute mit unterdurchschnittlichem Bildungsniveau und mangelnden Deutschkenntnissen bleiben manchmal für immer auf Sozialhilfe angewiesen. Ein Schicksal, das jetzt auch noch Tausende neu angekommene Flüchtlinge treffen könnte. Wollen wir das wirklich?

Wer nicht ganz zu Unrecht meint, dass speziell junge, ungebildete Männer ohne Beschäftigung auf blöde Ideen kommen könnten, muss dafür sorgen, dass sie arbeiten können. Für anerkannte Asylwerber sollte es daher Ausnahmen vom Kollektivvertrag geben. So lange der Gesetzgeber darauf achtet, dass damit kein Verdrängungswettbewerb entsteht und am besten sogar neue Jobs geschaffen werden, hilft das allen. Nicht nur bei Firmen, auch im gemeinnützigen Bereich gäbe es ja genug zu tun. Wir alle sind uns nämlich hoffentlich einig, dass Arbeit zur Menschenwürde gehört.

Contra: Franz Jandrasits

Staatlich sanktioniertes Lohndumping würde die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit weiter erhöhen, weil vor allem gering qualifizierte Arbeitnehmer durch noch billigere Arbeitskräfte ersetzt würden. Die Arbeitnehmer kämen dabei schlecht weg: Sie würden nicht nur ihren Job verlieren, sie hätten auch Probleme mit dem Wiedereinstieg. Denn sie dürften nicht zu denselben niedrigen Löhnen wie die Asylwerber arbeiten, eine Beschäftigung unterhalb des kollektivvertraglichen Mindestlohnes ist in Österreich eigentlich verboten.

Auch die Höherqualifizierung der Asylwerber würde durch die Billigjobs behindert. Die Firmen dürften wenig Interesse haben, diese mitzufinanzieren, sie würden ja die billigen Arbeitskräfte verlieren. Wegen der niedrigen Einkommen könnten diese sich selbst Fort- und Weiterbildung nicht leisten. Profitieren würden ausschließlich die Unternehmen, die Kosten dafür müsste die Allgemeinheit tragen. Für den Staat und für die Sozialsysteme (Krankenkassen, Pensionssystem, Arbeitslosenversicherung) wäre die Regelung ebenfalls ein schlechtes Geschäft. Sie würden weniger Einnahmen bekommen, gleichzeitig würden die Ausgaben für Arbeitslosigkeit und Qualifizierungsmaßnahmen der Arbeitslosen steigen.

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